IV. Typische Risikobereiche für persönliche Haftungsrisiken der Organmitglieder (alphabetisch)

Managerhaftungsrecht

Typische Risikobereiche für persönliche Haftungsrisiken der Organmitglieder (alphabetisch)

1. Kartellrechtsverstöße

Bekannt sind die von der EU-Kommission und dem Bundeskartellamt verhängten hohen Strafen wegen Kartellverstößen. Weil bei Kartellabsprachen regelmäßig auch gegen die Organmitglieder wegen Verletzung der Aufsichtspflicht nach §§ 30, 130 OWIG ermittelt wird und ein nachgewiesener Kartellverstoß oder eine Aufsichtspflichtverletzung auch eine Verletzung des Dienstvertrages bedeuten kann, kommt zudem die persönliche Haftung in Betracht.

2. Kalkulationsfehler

Schließt ein Unternehmen einen Vertrag ab, bei dem durch eine mangelhafte Kalkulation ein Schaden entsteht, müssen die Unternehmensleiter beweisen, dass sie ihren Organisations- und Überwachungspflichten nachgekommen sind.

3. Krise und Insolvenz

Besonders risikobehaftet ist die Leitung des Unternehmens in der Krise. Vorstandsmitglieder und Vorstände riskieren neben der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter und Geld- und Haftstrafen auch Berufsverbote.

Eine besondere Bedeutung hat der Übergang der Verfügungsberechtigung von Ansprüchen des Unternehmens gegen seine Leitungsorgane auf den Insolvenzverwalter. Geschäftsführer , die – aufgrund einer etwaigen persönlichen Verbundenheit mit den Gesellschaftern – bei einem Fehlverhalten schlimmstenfalls eine Abberufung befürchteten, können mit dieser Milde bei einem Insolvenzverwalter auf der Gegenseite nicht rechnen, denn dieser wird grundsätzlich die Haftungsansprüche der Gesellschaft durchsetzen.

4. M & A Transaktionen

Eine M & A Transaktion birgt nicht unerhebliche Haftungsrisiken für die Leitungsorgane. Zu erwähnen sind mögliche Verstöße gegen Geheimhaltungspflichten im Rahmen einer Due Diligence, Insiderdelikte aber auch aber auch die Parteinahme bei feindlichen Übernahmen, die als unerlaubte Einmischung auf Anteilseignerebene gewertet werden kann. Besondere Haftungsrisiken für Unternehmensleiter ergeben sich bei M&A Transaktionen unter Beteiligung börsennotierter Unternehmen z.B. aus dem gesetzlichen Verbot von Insidergeschäften gemäß § 14 Abs. 1 WpHG. Neben den ausdrücklich gesetzlich geregelten Pflichten gibt es eine Vielzahl weiterer, aus allgemeinen Grundsätzen abgeleite Regeln, welche die Unternehmensleiter zu beachten haben. Beim GmbH-Anteilskauf versuchen Käufer nicht selten, die Geschäftsführer nachträglich für überhöhte Kaufpreise in die Haftung zu nehmen.

5. Organisation interner Abläufe

Zu den Pflichten von Unternehmensleitern gehört es, Betriebsabläufe so zu organisieren, dass keine Personen- oder Vermögensschäden entstehen. Treten beispielsweise in einem Chemie-Unternehmen giftige Dämpfe aus, können Geschädigte Schadensersatz verlangen. Die Unternehmensleiter riskieren, hierfür in Regress genommen zu werden, wenn sie nicht beweisen können, dass sie sämtliche organisatorischen Vorkehrungen getroffen hat, um ein Austreten der Dämpfe zu verhindern.

6. Produktverantwortung

Hier ist eine deliktische Produktaußenhaftung der Unternehmensleiter wegen eigenhändigen Fehlverhaltens möglich. Eine Innenhaftung kommt dann in Betracht, wenn die Unternehmensleiter ihre Pflicht – insbesondere mittels Organisation – , die ordnungsgemäße Konstruktion der Produkte, die sachgerechte Instruktion ihrer Nutzer und die sorgfältige Produktbeobachtung sicherzustellen, verletzen. So können Verletzungen der Produktbeobachtungs- und Rückrufpflichten eine persönliche Haftung des Managements auslösen.

7. Risikogeschäfte, insbesondere Bank- und Börsengeschäfte

Im Grundsatz besteht zwar Einigkeit darüber, dass der Unternehmensleiter in vernünftigem Rahmen auch zur Vornahme risikoreicherer Geschäfte berechtigt ist. Sind die Grenzen des unternehmerischen Ermessens jedoch überschritten, begründet dies die Haftung des Unternehmensleiters. So haben unkontrollierte Spekulationsgeschäfte einer Vielzahl von Unternehmen erhebliche Schäden zugefügt.

8. Steuern und Sozialversicherung

Die häufigen Fehler und Verstöße bei der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sind ein Dauerthema der Managerhaftung.

Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften und die Geschäftsführer von Personengesellschaften haften dem Steuergläubiger persönlich für die Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft, sofern Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit der Unternehmensleiter nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder Steuervergünstigungen oder Erstattungen ohne Rechtsgrund gewährt wurden.

Das Nichtabführen von Arbeitnehmer-Sozialbeiträgen ist in § 266 a StGB unter Strafe gestellt und führt über § 823 Abs. 2 BGB zu einem persönlichen Schadensersatzanspruch gegenüber den Unternehmensleitern.

9. Umweltrecht

Allein aufgrund der Vielzahl der Haftungs- und Strafbestimmungen im Umweltrecht sind die Risiken einer persönlichen Haftung erheblich. Dabei kann die persönliche Umwelthaftung nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis eingreifen. Der umweltbezogene Innenregress kommt regelmäßig dann zum tragen, wenn das Unternehmen aufgrund einer organschaftlichen Umweltpflichtverletzung einem Dritten gegenüber haftet.

10. Zustimmungspflichtige Geschäfte

Besondere Bedeutung erlangen auch diejenigen Geschäfte, die nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen. Sie sind teilweise nur abstrakt umschrieben und daher auslegungsbedürftig. Verletzt der Unternehmensleiter die ihm auferlegte Einschränkung der Leitungsbefugnis, so setzt er sich Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung seines Anstellungsvertrages aus.


BGH, Urteil vom 18. 7. 2002 – III ZR 124/01

§ 35 GmbHG; § 54 HGB Zur Auslegung einer notariell beurkundeten Generalvollmacht, in der der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten auch ermächtigt, für ihn sämtliche Erklärungen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die ihm in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der von ihm vertretenen Unternehmungen zustehen.
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OLG Köln, Urteil vom 01.03.1995 – 2 U 110/940 – §§ 11, 31, 43 Abs. 2 GmbHG

a) Der wirtschaftliche Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Vorgesellschaft haftet nicht nach § 43 II GmbHG, da die Vorgesellschaft keinen abweichenden Willen haben kann. Es bleibt offen, ob das auch bei existenzgefährdenden Geschäften gilt. b) Die Voraussetzungen einer Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung des Gesellschafters sind vom Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen, wenn dieser Einblicke in alle Geschäftsunterlagen
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BFH, Urteil vom 30. August 1994 – VII R 101/92 – Keine Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Beraterverschulden

AO 1977 §§ AO 1977 § 34, AO 1977 § 69 Dem Geschäftsführer einer GmbH als Haftungsschuldner kann ein Verschulden des steuerlichen Beraters der GmbH bei der Fertigung von Steuererklärungen nicht zugerechnet werden. Trifft ihn persönlich kein Auswahl – oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlaß, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten
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BGH, Urteil vom 12.06.1989 – II ZR 334/87

§ 43 BGB, § 687 BGB § 687 Abs2, BGB § 826 a) Die Vorschrift des § 43 GmbHG nimmt die vertragliche Grundlage, die zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auf Leistung von Schadensersatz führt, als Spezialregelung in sich auf. Schadensersatzansprüche aus Geschäftsführervertrag unterliegen demgemäß der Verjährung nach § 43 GmbhG. Hingegen wird die Haftung
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BGH, Urteil vom 12. Juni 1989 – II ZR 334/87

43 GmbHG , §§ 687, 687 Abs. 2, 826 BGB Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen unredlicher Geschäftsführung a) Die Vorschrift des § 43 GmbHG nimmt die vertragliche Grundlage, die zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH auf Leistung von Schadensersatz führt, als Spezialregelung in sich auf. Schadensersatzansprüche aus Geschäftsführervertrag unterliegen demgemäß der Verjährung nach § 43 Abs.
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