Vorvertragliche Anzeigeobliegenheiten-Fragen des Versicherers "Dornbracht-Fall"


OLG Hamm, Urteil v. 03.11.2010 – 20 U 38/10- “Dornbracht-Fall”

1.

Bei dem von einem Makler des VN ausgearbeiteten und selbst beantworteten Fragenkatalog nach Gefahrumständen handelt es sich nicht um Fragen des Versicherers iSd § 19 Abs. 1 VVg.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich der Versicherer diesen Fragenkatalog zu eigen gemacht hat. Ob dies vor Beantwortung der Fragen erfolgen muss oder auch noch nachträglich geschehen kann, braucht hier nicht entschieden zu werden.

Ein “Zueigenmachen” liegt nicht schon dann vor, wenn es bislang unter Geltung des alten VVG branchenüblich war, dass für diesen Versicherungsbereich der Makler die Fragen selbst entwirft und für den VN beantwortet.

2.)

Eine Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG darf nicht in umfangreichen “Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung” enthalten sein, sondern muss im Zusammenhang mit den Antragsfragen erfolgen.

3.)

Teilt der Mitversicherer dem VN mit, dass einer der Mitversicherer nunmehr der führende Versicherer ist und bittet um Überlassung des künftigen Besichtigungsberichts des Führenden, so liegt darin die Erteilung einer Außenvollmacht mit der Folge, dass sich der Mitversicherer die Kenntnis des führenden Versicherers von Gefahrumständen entsprechend § 166 BGB zurechnen lassen muss.

4.)

Der Versicherungsmakler, der den VN so umfassend vertritt, dass der VN selbst überhaupt nicht, auch nicht bei Unterzeichnung des Vertrages in Erscheinung tritt, ist kein Dritter iSd § 123 Abs. 2 BGB.

Dies gilt auch dann, wenn der Makler mit dem Versicherer über eine Rahmenvereinbarung verbunden ist, der Versicherungsvertrag aber im Wege der Ausschreibung zustande gekommen ist.

5.)

Die von einem Mitversicherer mit dem VN vereinbarten Risikoausschlüsse entfallen dann, wenn der vom führenden Versicherer für alle Mitversicherer unterzeichnete Versicherungsschein diese Risikoausschlüsse nicht mehr enthält.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.12.2009 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung einschließlich der der Streithelferin entstandenen Kosten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des je-weils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Die Parteien streiten über den Bestand eines Versicherungsvertrages und die Regulierung eines Brandschadens der Klägerin.

Die Klägerin stellt in ihrer aus mehreren Gebäuden bestehenden Betriebsstätte in J u.a. Badarmaturen her. Am 29.01.2009 unterzeichnete die als Maklerin tätige Streithelferin der Klägerin mit der S J J1 Ltd. (nachfolgend S) als führendem Versicherer eine Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherung. In erster Instanz war es unstreitig, dass die Beklagte – die bis zum 14.10.2009 als AIG Europe S.A. firmierte – dem Konsortium neben der B und der I mit einem Anteil von 25 % angehört.

Durch ein Feuer in dem der Klägerin benachbarten Werk der Fa. X-F-GmbH kam es am 21./22.07.2009 zu einer Explosion, wobei sich das hierbei entstandene Feuer auch auf Betriebsgebäude der Klägerin ausbreitete und dort einen Schaden – nach Angaben der Klägerin – von bis zu 80 Mio. EUR veruSchte.

Mit Schreiben vom 21.08.2009 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag; eine Anfechtungserklärung wegen arglistiger Täuschung gab sie mit Schreiben vom 25.09.2009 ab.

Die Beklagte verweigerte anders als die weiteren drei Versicherer der Klägerin den Versicherungsschutz unter Hinweis auf ihre Rücktrittserklärung und die erklärte Anfechtung.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die Beklagte sei weder zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag noch zu dessen Anfechtung berechtigt gewesen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin haben beantragt,

festzustellen, dass der von der Beklagten mit Schreiben vom 21.08.2009 erklärte Rücktritt von dem mit der Klägerin geschlossenen Versicherungsvertrag unwirksam sei und zwischen der Klägerin und der Beklagten am 22.07.2009 ein Versicherungsverhältnis über die Risiken Feuer und Feuerbetriebsunterbrechung bestanden habe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat mit näheren Darlegungen ihren Rücktritt und ihre Anfechtungserklärung für wirksam erachtet. Hilfsweise hat sie sich auf den Standpunkt gestellt, dass sie entsprechend ihrem mit der Streithelferin abgeschlossenen Rahmenvertrag generell keine Feuerrisiken von Gebäuden zeichne, bei denen überwiegend Styropor als Dämmmaterial benutzt worden sei. Dies habe sie auch in ihrer Prämienofferte zum Ausdruck gebracht, so dass dies auch Vertragsinhalt geworden sei.

Für den Fall der Stattgabe der Klage hat sie beantragt,

festzustellen, dass unter zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossenen Versicherungsverträgen nur solche Gebäude feuerversichert seien, bei denen kein Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes als Dämmmaterial verbaut worden sei.

Die Klägerin und ihre Streithelferin haben beantragt,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Sie haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass ein Risikoausschluss hinsichtlich Styropors nicht vereinbart worden sei.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf das Urteil des Landgerichts, dessen Urteil in r+s 2010, 276 veröffentlicht ist, Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen aus im Wesentlichen folgenden Gründen:

Der seitens der Beklagten mit Schreiben vom 21.08.2009 erklärte Rücktritt sei unwirksam. Zwar habe die Klägerin erhebliche Gefahrumstände nicht angezeigt, weil sie die Nachbarbebauung, insbesondere den chemischen Betrieb der Fa. X, und die in ihren Gebäuden verwendeten Dämmstoffe nicht angegeben habe. Allerdings habe die Beklagte der Klägerin keine Fragen i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG zu den gefahrerheblichen Umständen gestellt; die in dem von der Streithelferin ausgearbeiteten Fragebogen enthaltenen Fragen könnten nicht so behandelt werden, als seien sie von der Beklagten gestellt worden. Nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut des Gesetzes könne ein von einem Dritten ausgearbeiteter, nicht vom Versicherer stammender Fragebogen nicht einer Fragestellung durch den Versicherer gleichgestellt werden.

Auch habe die Beklagte die Klägerin entgegen § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG nicht durch eine gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigenverpflichtung hingewiesen. Ein solcher Hinweis in den Musterbedingungen reiche nicht, zumal die Beklagte nicht vorgetragen habe, dass die Klägerin diese überhaupt zur Kenntnis erhalten habe.

Ferner habe die Beklagte den Rücktritt nicht in der Frist des § 21 Abs. 1 VVG ausgeübt. Zwar habe die Beklagte den Besichtigungsbericht der S innerhalb der Monatsfrist vor der Rücktrittserklärung vom 21.08.2009 erhalten. Der S als führendem Versicherer seien die Umstände jedoch bereits im Januar 2009 bekannt gewesen, was sich die Beklagte nach § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen müsse.

Der Versicherungsvertrag sei nicht wegen der seitens der Beklagten erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig. Zwar liege eine objektiv falsche Angabe vor; die Klägerin habe jedoch ihrer sekundären Darlegungslast genügt, da sie plausibel dargelegt habe, wie und weshalb es zu den falschen Angaben gekommen sei, indem sie vorgetragen habe, dass ein Mitarbeiter der Streithelferin irrtümlich einen Haken per Mausklick an der falschen Stelle gesetzt habe. Deshalb sei es Sache der Beklagten gewesen, die von ihr behauptete Arglist zu beweisen. Beweisantritte der Beklagten fehlten jedoch.

Die Klägerin müsse sich ein eventuelles arglistiges Verhalten eines Mitarbeiters der Streithelferin nicht nach § 123 Abs. 2 BGB zurechnen lassen, weil die Streithelferin als Maklerin Dritter gewesen sei.

Die Hilfswiderklage der Beklagten sei unbegründet. Es seien nicht nur Gebäude feuerversichert, bei denen kein Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes verbaut worden sei. Der Inhalt des Versicherungsverhältnisses richte sich nach dem Inhalt des Versicherungsscheins; dieser enthalte keine Einschränkungen in Bezug auf das verbaute Dämmmaterial. Die Parteien hätten auch keine von dem Versicherungsschein abweichende Vereinbarungen getroffen. Die Prämienofferte der Beklagten vom 08.12.2008 gäbe lediglich eine momentane Verhandlungsposition der Beklagten wieder, die dann später nicht in die endgültige Vertragsregelung überführt worden sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur Wirksamkeit ihrer Anfechtungserklärung. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin das ihr zurechenbare Fehlverhalten der Streithelferin dadurch plausibel entschuldigt habe, dass ein Mitarbeiter irrtümlich einen Haken an der falschen Stelle gesetzt habe. Diese Erklärung genüge weder für sich noch unter Berücksichtigung des Sachzusammenhangs als hinreichende Erklärung der falschen Angaben. Denn weder der weitere Inhalt des übermittelten Fragebogens noch die widersprüchlichen Einlassungen der Streithelferin dürften unberücksichtigt bleiben. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Streithelferin extremste Schwierigkeiten gehabt habe, das Risiko in der Kürze der gegebenen Zeit unterzubringen. Die Arglist der Streithelferin sei der Klägerin zuzurechen, weil sie nicht Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB sei.

Ferner hält sie an der Wirksamkeit des von ihr erklärten Rücktritts fest. Im Rahmen des § 19 Abs. 1 VVG sei entscheidend, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr von sich aus selbst ausgewählte Informationen erteile, sondern dass er sich darauf verlassen könne, fremd zusammengestellte Fragen zu beantworten. Deshalb sei in erster Linie der Inhalt der Fragen entscheidend. Wer den Fragebogen ausgefertigt habe, mache aus der Sicht des Versicherungsnehmers keinen Unterschied. Es erscheine als eine sinnlose Förmelei, wenn der Versicherer beim Versicherungsnehmer noch einmal in Textform nachfragen müsse, ob die von diesem gegenüber dem Versicherungsmakler zu dessen ausformulierten Fragen erteilten Informationen auch tatsächlich zuträfen. Überdies hätten sich die Parteien nach § 210 VVG konkludent über eine Abbedingung der Voraussetzungen des § 19 VVG geeinigt. Die Usancen der Industrieversicherung seien auch und gerade in Ansehung des neuen VVG beibehalten worden.

Die Klägerin müsse sich das Wissen der Streithelferin als Versicherungsmaklerin um die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zurechnen lassen, so dass eine Belehrung der Klägerin nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG entbehrlich gewesen sei. Überdies habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass es sich bei den vorliegenden Vertragsbedingungen um Bedingungen des Maklers gehandelt habe, so dass nicht die Beklagte Verwender dieser Bedingungen gewesen sei. Eines Hinweises habe es nicht bedurft, weil der Makler, der in Personalunion die Fragen formuliere und die Antworten zu geben habe, die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung am Besten kenne. Im Übrigen gelte auch hier, dass sich die Parteien durch das gewählte Procedere konkludent über eine Abbedingung der Voraussetzungen des § 19 VVG geeinigt hätten.

Der ausgeübte Rücktritt sei auch fristgerecht gewesen. Die Beklagte müsse sich als Mitversicherer die Kenntnis des führenden Versicherers S nicht zurechnen lassen. Die Parteien hätten am 17.12.2008 einen eigenständigen Versicherungsvertrag, gerichtet auf eine vorläufige Deckung, geschlossen, der unabhängig zu betrachten sei von den Versicherungsverträgen der Klägerin mit anderen Mitversicherern. Die vereinbarte Führungsklausel finde schon in zeitlicher Hinsicht keine Anwendung auf das Stadium der Vertragsanbahnung. Im Übrigen erfolge bei der hier gegebenen Ausgestaltung der Führungsklausel als Anzeigenklausel gerade keine Wissenszurechnung. Es sei allen Beteiligten klar gewesen, dass es in diesem Fall gerade nicht auf das Wissen des Führenden ankommen sollte.

Die Begründetheit der Hilfswiderklage ergäbe sich daraus, dass aus der Emailkorrespondenz am 17.12.2008 hervorgegangen sei, dass der Vorbehalt “kein Styropor als Dämmung” weiterhin gelte. Die Klägerin und ihre Streithelferin hätten den von ihr, der Beklagten, klar zum Ausdruck gebrachten Willen, die Verwendung von Styropor als Dämmmaterial nicht zu akzeptieren, als verständige Adressaten dahin verstehen müssen, dass Gebäude, in denen Styropor verbaut sei, keinen Versicherungsschutz genießen sollten, also nicht versicherungsfähig sein sollten. Es sei bei einer offenen Mitversicherung wie hier den beteiligten Versicherern unbenommen, mit dem Versicherungsnehmer besondere Vereinbarungen zu treffen, die nicht in dem von dem führenden Versicherer ausgefertigten Versicherungsschein dokumentiert würden. Für ihren gegenteiligen Standpunkt könne sich die Klägerin auch nicht auf § 5 VVG berufen. Der von der S veSndte Versicherungsschein habe mit dem Vertrag der Parteien vom 17.12.2008 nichts zu tun. Die Beklagte habe am 17.12.2008 mit der Klägerin einen Versicherungsvertrag mit eigenem Inhalt geschlossen; die Zusendung des Versicherungsscheins an die Beklagte sei nur informationshalber erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

abändernd

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

abändernd auf ihre Widerklage

festzustellen, dass unter zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossenen Versicherungsverträgen nur solche Gebäude feuerversichert seien, bei denen kein Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes als Dämmmaterial verbaut worden sei.

Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen mit näheren Darlegungen die angefochtene Entscheidung.

Die Klägerin vertieft ihren Standpunkt, dass ihre Streithelferin Dritte gemäß § 123 Abs. 2 BGB gewesen sei, denn diese habe die Interessen beider Parteien wahrgenommen. Jedenfalls seien keine Hinweise dafür gegeben, dass die Streithelferin die Beklagte habe arglistig täuschen wollen.

Auch habe die Beklagte kein Recht zum Rücktritt gehabt. Die Voraussetzungen einer Anzeigepflichtverletzung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG seien nicht erfüllt, weil ein Fragebogen, der die in § 19 VVG geregelten Rechtsfolgen auslösen soll, aus der Sphäre des Versicherers stammen müsse. § 19 VVG sei auch nicht abbedungen worden, weil ein entsprechender Wille der Vertragsparteien nicht deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck gekommen sei. Auch habe die Beklagte die Klägerin nicht nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG belehrt. Überdies sei der Rücktritt nach § 21 Abs. 1 VVG verfristet, weil sich die Beklagte die von der S am 16.01.2009 erlangte Kenntnis zurechnen lassen müsse.

Die Klägerin vertieft ihren Standpunkt, dass sich im Wege der Auslegung ergebe, dass sich die Parteien am 17.12.2008 darauf geeinigt hätten, dass die Beklagte mit einer Quote von 25 % als nichtführender Versicherer und ohne Einschränkung hinsichtlich der Verwendung von Styropor als Dämmmittel die Objekte der Klägerin versichere. In keinem Fall könne in den Willenserklärungen der Streithelferin die Zustimmung der Klägerin gesehen werden, die Versicherung mit einer Einschränkung hinsichtlich Styropors abschließen zu wollen; hilfsweise sei deshalb von einem verdeckten Dissens auszugehen. Jedenfalls sei bereits im Dezember 2008 zum Ausdruck gekommen, dass vorläufige Deckung gewährt werden solle, allerdings ohne die Ausklammerung von Styropor. Diese vorläufige Deckung sei mit Abschluss des Hauptvertrages abgelöst worden. Dieser Hauptvertrag sei spätestens mit der Unterzeichnung des Versicherungsscheins seitens der S und Übersendung des Versicherungsscheins an die Beklagte abgeschlossen worden. Selbst wenn eine Abweichung des Inhalts des Versicherungsvertrages von dem des Versicherungsscheins vorläge, sei nach § 5 VVG der Inhalt des Versicherungsscheins maßgeblich.

Die Streithelferin der Klägerin vertieft ihr Vorbringen, dass der Eingabefehler keine Schlussfolgerung auf ein arglistiges Verhalten des Handelnden zulasse, so dass die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen sei, plausibel darzulegen, wie und weshalb es zur falschen Angabe gekommen sei. Es gäbe auch keine Indizien, die für ein arglistiges Verhalten der Streithelferin sprächen; die Streithelferin habe keine Veranlassung gehabt, falsche Angaben zu machen. Sie, die Streithelferin, sei auch Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB.

Die Beklagte sei darlegungs- und beweisbelastet auch hinsichtlich der Kausalität zwischen Täuschung und dem Entschluss, den Versicherungsvertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte bei zutreffender Beantwortung der hier in Rede stehenden Frage den Versicherungsvertrag zu denselben Bedingungen wie tatsächlich geschehen abgeschlossen hätte. Dafür spreche schon, dass die Mitversicherer das Risiko trotz der örtlichen Gegebenheiten als Maschinenbaurisiko und nicht als Chemierisiko eingestuft hätten. Ferner habe die Beklagte den Versicherungsvertrag nach Kenntnis des Besichtigungsberichts der S nach § 144 BGB bestätigt. Schließlich müsse sich die Beklagte als Mitglied des Versichererkonsortiums die Kenntnis der S zurechnen lassen.

Die Unwirksamkeit des Rücktritts folge bereits daraus, dass § 19 Abs. 1 VVG Fragen des Versicherers voraussetze. Wenn Fragen durch Dritte oder nicht in Textform gestellt würden, scheide ein Rücktritt aus. Dies folge aus Wortlaut und Sinn der Norm. Im Übrigen sei es treuwidrig, wenn sich die Beklagte auf den Gesetzeswortlaut berufe, denn es habe ihr freigestanden, selbst eine Besichtigung vorzunehmen und selbst Fragen zu stellen. Einen Willen, § 19 VVG abzubedingen habe es nicht gegeben. Auch habe die Beklagte nicht nach § 19 Abs. 5 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen. Eine solche Belehrung sei erforderlich unabhängig von einer Belehrungsbedürftigkeit des Versicherungsnehmers. Kenntnisse der Streithelferin könnten der Klägerin nicht zugerechnet werden. Die Musterbedingungen stammten nicht von der Beklagten und hätten der Klägerin nicht vorgelegen. Ferner habe die Klägerin allenfalls leicht fahrlässig gehandelt. Selbst bei Vorliegen von grober Fahrlässigkeit wäre ein Rücktritt ausgeschlossen, weil der Vertrag bei Kenntnis der Nachbarbetriebe ebenfalls abgeschlossen worden wäre. Schließlich sei der Rücktritt nicht fristgerecht gewesen. Die Beklagte müsse sich das Wissen der S als des führenden Versicherers zurechnen lassen.

Die Unbegründetheit der Hilfswiderklage folge daraus, dass sich der Inhalt des Versicherungsvertrages nach dem Versicherungsschein bestimme, was zum einen daraus, dass der Vertrag am 17.12.2008 noch nicht zu stande gekommen sei, und zum anderen aus § 5 Abs. 1 VVG folge. Im Übrigen gebe die Prämienofferte vom 08.12.2008 für den Inhalt des Versicherungsvertrages nichts her, weil die Parteien danach weiter verhandelt hätten. Schließlich bleibe die Verwendung von Styropor bestritten.

Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht der zulässigen Feststellungsklage der Klägerin stattgegeben, da der Rücktritt der Beklagten vom 21.08.2009 unwirksam (dazu nachfolgend I.) und der Vertrag der Parteien auch nicht wegen Anfechtung nichtig ist (dazu nachfolgend II). Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen (dazu nachfolgend III.).

I.

Der Rücktritt der Beklagten ist unwirksam.

Nach § 19 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG verletzt. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG hat der Versicherungsnehmer die ihm bekannten erheblichen Gefahrumstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.08.2009 (Anlage K 15 = AK I Bl. 165) den Rücktritt zum einen darauf gestützt, dass die Frage 6 des Besichtigungsberichts vom 18.11.2008 zu Unrecht mit “nein” beantwortet worden sei, und zum anderen darauf, dass ihr nicht angezeigt worden sei, dass bei einer Vielzahl von Gebäuden Styropor als Dämmmaterial verbaut worden sei. Im Prozess hat sich die Beklagte ausschließlich auf den Gesichtspunkt einer verschwiegenen Nachbarbebauung als Rücktrittsgrund bezogen. Den Streitpunkt Styropor hat die Beklagte damit zu Recht nicht mehr bei der Frage des Rücktritts aufgegriffen. Da im umfangreichen Fragenkatalog an keiner Stelle nach Styropor oder nach der Art des verbauten Dämmmaterials gefragt worden ist, scheidet insoweit ein Rücktritt nach § 19 Abs. 2 VVG wegen Falschbeantwortung von Fragen von vornherein aus.

1.

Zwar scheitert die Wirksamkeit des Rücktritts der Beklagten nicht an einem Fehlen gefahrerheblicher Umstände. Denn das Vorhandensein von Nachbarbetrieben ist ein erheblicher Gefahrumstand nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG.

Für die Übernahme der Gefahr ist jeder Umstand erheblich, der geeignet ist, auf den Entschluss des Versicherers, einen Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschließen, Einfluss auszuüben. Der Streit um die Maßgeblichkeit eines objektiven (so HK-VVG/Schimikowski § 19 VVG Rz 10) oder eines subjektiven Maßstabs (so Prölss/Martin/Prölss, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl. § 19 Rz 8 m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH) bedarf hier jedoch keiner Entscheidung.

Denn die Gefahrerheblichkeit liegt hier auf der Hand. Ein Versicherer hat ein Interesse daran zu erfahren, ob es Nachbarbetriebe gibt, die eine Gefahr für das zu versichernde Objekt bedeuten könnten. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass die Nachbarschaft zu einem Chemiebetrieb (Fa. X) für die Risikobewertung im Rahmen einer Industriefeuerversicherung von Bedeutung ist.

2.

Der Rücktritt ist jedoch deshalb unwirksam, weil die Beklagte nicht nach Gefahrumständen in Textform gefragt hat.

Da die Beklagte der Klägerin keine eigenen Fragen gestellt hat, läge ein Stellen von Fragen i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG nur dann vor, wenn die Fragen in dem von der Streithelferin erstellten Fragebogen so hätten behandelt werden können, als seien sie von der Beklagten gestellt worden. Dies ist indes nicht der Fall.

Hinsichtlich der Nachbarbetriebe enthält Ziffer 6 des Besichtigungsberichtes vom 18.11.2008 die Frage: “Betriebe/Läger in der Nachbarschaft?”; diese Frage ist durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens mit “nein” beantwortet worden, was angesichts des vorhandenen Nachbarbetriebes der Fa. X falsch war.

a)

Diese Frage der Streithelferin, die diese selbst beantwortet hat, kann jedoch nicht als Frage der Beklagten an die Klägerin gelten, so dass eine Frage des Versicherers im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG zu verneinen ist.

Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG der Umstand, dass der Versicherer nach einem nicht angezeigten gefahrerheblichen Umstand in Textform gefragt hat, Voraussetzung für das Rücktrittsrecht ist und dass anders als nach altem Recht (§§ 16 f VVG a.F.) keine spontane Anzeigepflicht mehr besteht. Allerdings kann aus dieser Neuregelung entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Schluss gezogen werden, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut des Gesetzes prinzipiell ausgeschlossen sei, einen von einem Dritten ausgearbeiteten, nicht vom Versicherer stammenden Fragebogen einer Fragestellung durch den Versicherer gleichzusetzen und dass es deshalb unerheblich sei, ob ein Versicherungsvertrag durch Vermittlung eines Maklers zustande gekommen ist oder nicht. Der Sinn des Gesetzes geht dahin, dem Versicherungsnehmer das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich der Gefahrrelevanz abzunehmen (vgl. Looschelders, in Looschelders/Pohlmann, VVG, § 19 VVG Rz 16 und 17). Unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht von vornherein schädlich sein, dass der Versicherer einen nicht von ihm selbst erstellten Fragebogen verwendet. Es führt nicht allein deshalb zur Unwirksamkeit eines auf § 19 VVG gestützten Rücktritts, dass der Versicherer das Stellen von Fragen einem Vertreter überlassen hat. Ebenso wenig liegt allein deshalb eine Unwirksamkeit des Rücktritts vor, weil der Versicherungsnehmer einem Vertreter die Beantwortung der Fragen überlassen hat.

Allerdings scheidet unter den hier gegebenen Umständen aus, die Fragen der Streithelferin in ihrem Besichtigungsbericht als seitens der Beklagten gestellte Fragen zu bewerten.

Die Streithelferin war mit der Klägerin durch einen Maklervertrag verbunden, der neben der Vermittlung und Verwaltung von Versicherungsverträgen die Wahrnehmung der Interessen der Klägerin gegenüber den Versicherern zum Inhalt hatte (jeweils Ziffer 1 des Honorarvertrages Anlage K 20 = Bl. 329 d.A. und des Maklervertrages Anlage K 19 = Bl. 334 d.A.). Die Streithelferin hat im Dezember 2008 die gesamten Vertragsverhandlungen für die Klägerin geführt; diese ist überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Den Versicherungsschein (Anlage K 10 = Bl. 42 AK I) hat die Streithelferin anstelle der Klägerin unterschrieben und damit als ihr rechtsgeschäftlicher Vertreter gehandelt (damit übereinstimmend jeweils Ziffer 2 Absatz 1 und 3 des Honorarvertrages Anlage K 20 = Bl. 329 und des Maklervertrages Anlage K 19 = Bl. 334 d.A.). Damit stand die Streithelferin im Lager der Klägerin und war in ihrem Interesse tätig.

Stellte man die Fragen eines solchen Interessenwalters und rechtsgeschäftlichen Vertreters des Versicherungsnehmers den Fragen des Versicherers gleich, bedeutete dies letztlich die Wiedereinführung der spontanen Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers, die gerade nach der Neufassung des VVG keine Bedeutung mehr haben soll. Denn das mit der spontanen Offenbarungspflicht verbundene, als unbefriedigend empfundene Risiko der Fehleinschätzung sollte mit der gesetzlichen Neuregelung dem Versicherungsnehmer abgenommen werden. Es führt zu einer dem Zweck des Gesetzes widersprechenden Rückkehr der spontanen Offenbarungspflicht, wenn der Versicherungsnehmer oder sein Vertreter zur Anzeige gefahrerheblicher Umstände verpflichtet wäre, ohne dass ihm Fragen herrührend von außerhalb seines eigenen Lagers gestellt worden wären.

Anders könnte es dann sein, wenn dem Versicherungsnehmer oder seinem Interessenwalter spätestens im Zeitpunkt der Beantwortung der Fragen zugleich eine Erklärung des Versicherers vorläge, dass die Fragen als seine gelten sollen. Dies bedeutet keine bloße Förmelei, sondern ist erforderlich, um dem generellen Anliegen des Gesetzes entsprechend das Risiko einer Fehleinschätzung der Gefahrerheblichkeit auf den Versicherer zu verlagern (vgl. Grote/Schneider BB 2007, 2689, 2692; Beckmann/Matusche-Beckmann/Knappmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 14 Rz 20 am Ende). Hier geht der Inhalt des von der Streithelferin verwendeten Fragebogens allein auf diese zurück und beruht nicht auf einer Initiative oder Mitwirkung der Beklagten; auch ein Zueigenmachen dieses Fragebogens seitens der Beklagten ist vor Beantwortung nicht erfolgt.

Der Senat kann offenlassen, ob auch ein nachträgliches Zueigenmachen, etwa in dem Sinne, dass die Beklagte zum Ausdruck bringt, dass die gestellten und beantworteten Fragen auch ihre eigenen gewesen seien, so dass der Versicherungsnehmer die gegebenen Antworten in dem Bewußtsein bestätigt, dass es nicht nur um die Fragen seines Maklers geht, ausreichen kann. Offenbleiben kann auch, ob eine nachträglich erfolgte Belehrung über die Rechtsfolgen einer Falschbeantwortung noch ausreichend ist (vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Knappmann a.a.O. § 14 Rz 20). Denn auch ein solches nachträgliches Zueigenmachen ist hier nicht erfolgt; zu keinem Zeitpunkt hat die Beklagte kenntlich gemacht, dass es sich (auch) um ihre Fragen handelt.

Anders als die Beklagte meint, können die Fragen im Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 nicht deshalb als ihre Fragen gewertet werden, weil sie die gleichen Fragen gestellt hätte. Denn aus der Sicht der Klägerin und des Maklers handelte es sich bei dem Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 um ein Teilstück der Ausschreibung des Maklers. Dass die Fragen in diesem Besichtigungsbericht eine Relevanz für den Versicherer hatten, bedeutet noch nicht, dass es damit auch seine Fragen waren.

b)

Die Beachtung der Erfordernisse des § 19 Abs. 1 VVG ist auch nicht nach

§ 210 VVG abbedungen worden. Dazu ist auf die Darlegungen unten unter 3 d zu verweisen.

3.

Der Rücktritt der Beklagten ist auch unwirksam, wenn man davon ausgehen würde, dass die von der Maklerin gestellten Fragen als Fragen der Beklagten im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG zu werten sind. Denn das Rücktrittsrecht des § 19 Abs. 2 VVG setzt nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG voraus, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Hier fehlt es an einem solchen Hinweis der Beklagten.

a)

Eine Hinweispflicht der Beklagten ist nicht etwa deshalb entbehrlich, weil es sich bei den Beteiligten um Fachleute des Versicherungsrechts gehandelt hat. Der Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG enthält keine Einschränkung hinsichtlich des durch Mitteilung zu belehrenden Personenkreises; die Belehrung soll vielmehr nach dem Anliegen der gesetzlichen Neukonzeption gegenüber jedermann erfolgen.

Eine bei der Streithelferin vorhandene bloße Gesetzeskenntnis kann eine Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG nicht ersetzen. Wenn Gesetzeskenntnis eine Mitteilung entbehrlich macht, müßte auch eine Gesetzeskenntnis des Versicherungsnehmers ausreichen. Hierfür bietet das Gesetz jedoch keinen Anhalt. Auch die dem Hinweis zukommende Warnfunktion (vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann/Knappmann a.a.O. § 14 Rz 8) wird verfehlt, wenn man bereits bloße Gesetzeskenntnis ausreichen ließe.

b)

Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass sich die Beklagte für das Vorhandensein einer Belehrung nicht auf die von ihr zitierten Musterbedingungen berufen kann.

Der Meinung der Beklagten, eine Belehrung im Sinne des § 19 Abs. 5 VVG läge in Abschnitt B § 1 Ziffer 2 AFB 2008 vor, kann nicht gefolgt werden.

aa)

Nach Ziffer 6.1.1. der “Allgemeinen Klauseln für die Feuerversicherung des VDMA” (in Anlage K 10 = Bl. 85 AK I) sind die “Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 87 – Fassung Januar 2008)” vereinbart. Die seitens der Beklagten als Anlage Bl 10 (Bl. 35 ff AK II) auszugsweise hinsichtlich des Abschnitts B § 1 vorgelegten AFB 2008 und FBUB 2008 haben, wie die Blattzahlen unten rechts ausweisen, insgesamt 35 bzw. insgesamt 28 Seiten.

Die Frage, ob der Begriff der “gesonderten Mitteilung” im Sinne des § 19 Abs. 5 VVG einen Hinweis auf einem Extra-Blatt erfordert (vgl. Funk VersR 2008, 163, 166; Neuhaus r+s 2008, 45, 52) oder ob es ausreicht, wenn ein solcher Hinweis auf dem Antragsformular enthalten ist (vgl. Looschelders, in: Looschelders/Pohlmann § 19 VVG Rz 66; HK-VVG/Schimikowski § 19 VVG Rz 31), kann der Senat hier dahin stehen lassen. Sicherlich stellen die AFB 2008 und die FBUB 2008 gegenüber dem von der Streithelferin verwendeten Fragebogen eine “gesonderte” Erklärung dar.

Allerdings ist der Zweck der Regelung zu beachten, wonach der Kunde unter Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen davor gewarnt werden soll, falsche oder unvollständige Angaben zu machen (HK-VVG/Schimikowski § 19 VVG Rz 31). Deshalb muss der Hinweis umfassend, unmissverständlich und eindeutig sein (vgl. Bruck/Möller/Rolfs, 9. Aufl. § 19 VVG Rz 116; OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 385). Der Zweck der Norm kann nur erreicht werden, wenn die Belehrung im Kontext mit den Antragsfragen erfolgt (HK-VVG/Schimikowski

§ 19 VVG Rz 31). Bei fehlendem oder nur losem Zusammenhang kann die Warnfunktion nicht erfüllt werden, weil der Kunde den Hinweis auf die gestellten Fragen beziehen soll. Hier fehlt zwischen den AFB 2008 bzw. FBUB 2008 und dem von der Streithelferin verwendeten Fragebogen jeder inhaltliche und zeitliche Zusammenhang.

Hinzu kommt, dass sich der von der Beklagten in Bezug genommene “Hinweis” innerhalb eines umfassenden Klauselwerkes befindet, im Rahmen dessen die von der Beklagten benannte Textpassage in keiner Weise hervorgehoben oder besonders gestaltet ist.

bb)

Ohnehin zeigen die jeweiligen Regelungen in Abschnitt B § 1 Ziffer 4 (Bl. 39 sowie Bl. 44 AK II), dass die Klauselwerke davon ausgehen, dass sie nicht selbst bereits den “Rechtsfolgenhinweis” darstellen, sondern dass die gesonderte Mitteilung unabhängig davon zu ergehen hat.

Es heißt dort nämlich: “Die Rechte zur Vertragsänderung (2 a), zum Rücktritt

(2 b) und zu Kündigung (2 c) stehen dem Versicherer nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen der Verletzung der Anzeigepflicht hingewiesen hat.”.

c)

Anders als die Beklagte meint, entfällt eine Hinweisnotwendigkeit nicht etwa wegen “Gepflogenheiten” im Industriegeschäft, aufgrund derer der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG dahin einzuschränken sei, dass die Notwendigkeit, den von einem Versicherungsmakler beratenen Versicherungsnehmer oder den Versicherungsmakler selbst durch eine gesonderte Mitteilung auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hinzuweisen, entfalle.

Denn bloße Gepflogenheiten – zudem begründet unter der Geltung des alten VVG – für sich allein genommen geben keinen Anlass, eine teleologische Reduktion des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG zu rechtfertigen, zumal § 210 VVG a.F. ausreichend Spielräume für eine Handhabung bei Großrisiken bietet. Liegt ein – ggf. auch konkludentes – Abbedingen bestimmter Erfordernisse vor, so bedarf es keiner teleologischen Reduktion; ist es zu einem solchen Abbedingen nicht gekommen, darf dies nicht mittels teleologischer Reduktion unterlaufen werden.

d)

Anders als die Beklagte meint, ist § 19 VVG hier weder ganz oder teilweise nach § 210 VVG abbedungen worden. Weder liegt in dem “gewählten Procedere” ein konkludentes Abbedingen noch kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier um “Usancen” handelt, die auch und gerade in Ansehung des VVG beibehalten worden seien.

aa)

Zwar sind nach § 210 VVG die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach dem VVG u.a. auf Großrisiken nicht anzuwenden. Vorliegend ist auch ein solches Großrisiko im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EGVVG gegeben, weil unstreitig die Voraussetzungen jedenfalls der Nr. 3 b) und c) vorliegen (vgl. das Schreiben der Streithelferin vom 02.12.2008 Anlage K 3 = AK I Bl. 7). § 19 VVG ist auch im Bereich der Großrisiken disponibel, da sich § 210 VVG nicht nur auf die zwingenden, sondern auch auf die halbzwingenden Vorschriften des VVG bezieht (HK-VVG/Muschner § 210 VVG Rz 9) und es sich bei der Regelung des § 19 VVG nach § 32 Satz 1 VVG um eine halbzwingende Regelung handelt (Rüffer/Muschner § 32 VVG Rz 1).

bb)

Anders als die Beklagte meint ist vorliegend jedoch ein konkludentes – ein ausdrückliches wird auch von der Beklagten nicht behauptet – Abbedingen nicht gegeben.

Hier gegen spricht schon der Umstand, dass § 19 VVG ein ganzes Bündel von Regelungen enthält, die sowohl Rechte und Pflichten sowohl des Versicherungsnehmers als auch des Versicherers zum Gegenstand haben. So hätte ein vollständiges Abbedingen des § 19 VVG zur Folge, dass den Versicherungsnehmer keine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG träfe und für den Versicherer weder ein Rücktritts- noch ein Kündigungsrecht nach § 19 Abs. 2 bzw. Abs. 6 VVG bestünde. Ein solches pauschales Abbedingen kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht. Zu erwägen könnte allein ein Abbedingen der in

§ 19 Abs. 1 Satz 1 VVG enthaltenen Regelung sein, dass sich die Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers gerade auf die vom Versicherer gestellten Fragen bezieht sowie die in § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG enthaltene Regelung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hinzuweisen hat.

Jedoch liegt in der tatsächlichen Handhabung nicht zugleich die konkludente Vereinbarung, dass anstelle von Fragen des Versicherers der Fragenkatalog der Streithelferin treten soll und dass anstelle eines Hinweises an den Versicherungsnehmer ein solcher an den von ihm beauftragten Makler genügen oder dass gar kein Hinweis erfolgen soll. Denn aus einer bloßen Handhabung kann allein nicht auf diesen Willen geschlossen werden; es läge damit eine bloße Willensfiktion vor, die für eine konkludente Vereinbarung nicht ausreichen kann.

Zwar ist davon auszugehen, dass es bei Großrisiken unbenommen bleibt, eine Vereinbarung zu treffen, dass die Fragen des Interessenwalters des Versicherungsnehmers als Fragen des Versicherers gelten sollen. Aus der bloßen Handhabung kann hier allein nicht geschlossen werden, dass die Handhabung als solche auf einem vertraglichen Konsens der Handelnden beruht. Denn es fehlt jeder Anhaltspunkt, dass die Beteiligten die Erfordernisse des § 19 Abs. 1 VVG überhaupt in ihre Erwägungen einbezogen haben und dass sie sich dessen bewußt waren, dass die offenbar bislang übliche Verwendung allein des Fragebogens eines Maklers nicht mehr der Neukonzeption des § 19 Abs. 1 VVG genügt. Die Beklagte hat zwar mit Schriftsatz vom 18.10.2010 (Bl. 422 d.A.) behauptet, dass es sich um Usancen handele, die auch und gerade in Ansehung des neuen VVG beibehalten worden seien. Der Vortrag der Beklagten zeigt jedoch nicht im Ansatz auf, dass vorliegend in die Erwägungen einbezogen worden sein könnte, welche Erfordernisse mit den gesetzlich normierten Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 VVG verbunden sind und dass eine Willensübereinstimmung der Beteiligten erzielt worden wäre, diese Erfordernisse vorliegend abzumildern oder aufzuheben.

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Mitteilungserfordernisses nach § 19 Abs. 5 VVG. Auch hierauf bezogen fehlt jeder durchgreifende Anhaltspunkt, dass sich die Handelnden überhaupt dieses Erfordernisses bewusst waren. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass sie überhaupt den Willen hatten, anstelle des Mitteilungserfordernisses gegenüber der Klägerin das Wissen der Streithelferin um die gesetzliche Regelung bzw. das Mitteilungserfordernis ganz entfallen zu lassen.

Letztlich führt auch der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat herangezogene Gesichtspunkt, dass bei der Neufassung des § 19 VVG niemand bedacht habe, dass hierunter auch die Industrieversicherung falle, zu keiner anderen Bewertung. Denn dieser Umstand könnte es nicht rechtfertigen, die “Industrieversicherung” als solche von den Erfordernissen des § 19 Abs. 1 und 5 VVG freizustellen. Denn für den gesetzlich fest umrissenen Teilbereich der Großrisiken hat der Gesetzgeber in § 210 VVG das geeignete Mittel zur Verfügung gestellt, einem tatsächlichen Willen der Handelnden nach einer Modifizierung des § 19 VVG Rechnung zu tragen. Der Standpunkt der Beklagten zielt letztlich darauf ab, den Bereich der “Industrieversicherung” von dem Anwendungsbereich des § 19 VVG auszunehmen, wobei allerdings nichts dafür spricht, dass dies dem Zweck des Gesetzes entspräche. Das Vorhandensein der Regelung des § 210 VVG belegt zudem, dass für eine solche Einschränkung jede Rechtfertigung fehlt. Der Beklagten kann auch nicht in ihrer im Senatstermin dargelegten Auffassung gefolgt werden, dass in einer zeitlichen Übergangsphase nach der Neufassung des VVG die Voraussetzungen des § 210 VVG derart herabzusetzen seien, dass die bloße Handhabung einem Abbedingen gleichzusetzen sei. Für eine solche Einschränkung in zeitlicher Hinsicht besteht weder ein Mittel noch eine Veranlassung.

4.

In jedem Fall ist der Rücktritt der Beklagten vom 21.08.2009 wegen Nichteinhaltung der Frist des § 21 Abs. 1 VVG unwirksam.

a)

Zwar hat die Beklagte eigene Kenntnis von dem Vorhandensein von Nachbarbetrieben erstmals durch die am 21.07.2009 um 15.24 Uhr erfolgte Email-Übersendung des Besichtigungsberichts der S erlangt (Anlage K 11 = Bl. 152 AK I). Da die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 21.08.2009 (Anlage K 15 = Bl. 165 AK I) unbestritten den Empfängern noch am selben Tag zugegangen ist, ist die Monatsfrist nach § 187 BGB auch dann noch eingehalten, wenn man den Beginn des Fristlaufs auf den 21.07.2009 legt.

b)

Die Beklagte muss sich jedoch die seitens der S am 16.01.2009 im Rahmen der Besichtigung erlangten Kenntnisse zurechnen lassen. Bei einem Beginn des Fristlaufs am 16.01.2009 war die Monatsfrist des § 21 Abs. 1 VVG längst verstrichen, als die Beklagte am 21.08.2009 den Rücktritt erklärt hat.

aa)

Die Beklagte muss sich das Wissen der S als ihrer Wissensvertreterin entsprechend § 166 BGB zurechnen lassen.

Die Beklagte hat die S damit beauftragt, innerhalb des zu bildenden Konsortiums die Aufgabe als Führende zu übernehmen. Dies hat sie dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie mit Email-Schreiben vom 17.12.2008 (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I) der Streithelferin mitgeteilt hat: “Führende ist die Royal”. Hierdurch und durch den Nachsatz “Bitte überlassen Sie uns im 1. Halbjahr 2009 einen Besichtigungsbericht der Führenden” hat die Beklagte nach den §§ 133, 157 BGB zugleich eine Bevollmächtigung der S zum Ausdruck gebracht. Hierin liegt eine Außenvollmacht nach § 167 Abs. 1 Fall 2 BGB, wobei Dritter wiederum ein Vertreter war. Auf eine abschließende Bestimmung des Umfangs dieser Vollmacht kommt es hier nicht an, weil sich die Vollmacht jedenfalls ausdrücklich auf die Durchführung der Besichtigung bezieht; auch die Beklagte hat erstinstanzlich die Durchführung einer Besichtigung allein durch den führenden Versicherer als “üblich” bezeichnet.

Damit ist die S hinsichtlich der Besichtigung Wissensvertreterin der Beklagten. Wissensvertreter ist jeder, der dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als Repräsentant des Geschäftsherrn bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und ggf. weiterzugeben (vgl. Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 166 BGB Rz 6). Dies ist hier der Fall, weil die S seitens der Beklagten damit betraut war, die Besichtigung in eigener Verantwortung durchzuführen und die dabei anfallenden Informationen zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Deshalb ist das bei der Besichtigung angefallene Wissen der S nach § 166 Abs. 1 BGB analog der Beklagten zuzurechnen. Da die S – wie ihr Besichtigungsbericht zeigt – die Nachbarbetriebe zur Kenntnis genommen hat, ist der Beklagten dieses Wissen um das Vorhandensein von Nachbarbetrieben zuzurechnen.

Bei einer Kenntniserlangung der S am 16.01.2009 muss sich die Beklagte ab dem 16.01.2009 so behandeln lassen als läge bei ihr selbst die Kenntnis der Nachbarbetriebe vor.

Daran ändert entgegen der Auffassung der Beklagten auch der Umstand nichts, dass die Beklagte der Streithelferin mit Email-Schreiben vom 17.12.2008 (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I) mitgeteilt hatte: “Bitte überlassen Sie uns im 1. Halbjahr 2009 einen Besichtigungsbericht der Führenden”. Dieses Email-Schreiben ist im Zusammenhang zu sehen mit dem Fax-Schreiben vom 08.12.2008 (Anlage K 5 = Bl. 12 AK I), in dem die Beklagte eine eigene Besichtigung im 1. Quartal 2009 angekündigt hatte. Die Aufgabe einer eigenen Besichtigungsabsicht und gerade der Umstand, dass die Übersendung des Besichtigungsberichtes der S lediglich im 1. Halbjahr 2009 zu erfolgen brauchte, bringen zum Ausdruck, dass es der Beklagten nunmehr nicht auf eine eigene Risikoprüfung vor Vertragsschluss ankam. Wenn es der Beklagten allein darum gegangen wäre, die eigene Besichtigung durch die der S zu ersetzen und im Übrigen an einer eigenen Risikoprüfung vor Vertragsschluss festzuhalten, wäre die Bemessung der Vorlagefrist mit einem halben Jahr nicht verständlich. Zu dem Zeitpunkt, als die Beklagte Besichtigung und vorvertragliche Risikoprüfung in eigener Verantwortung durchführen wollte, sollte dies binnen eines Vierteljahres erfolgen. In dem Email-Schreiben liegt deshalb keine Beschränkung der Außenvollmacht etwa in dem Sinne, dass sich die Beklagte die tatsächlichen Erkenntnisse der S erst dann zurechnen lassen wollte, wenn sie den Besichtigungsbericht erhalten, geprüft und gebilligt hatte. Wenn die Beklagte dies wirklich gewollt hätte, hätte sie dies für den Erklärungsempfänger deutlicher zum Ausdruck bringen müssen.

bb)

Zudem muss sich die Beklagte das Wissen der S um das Vorhandensein von Nachbarbetrieben auch kraft der vereinbarten “Kenntnis-Klausel” zurechnen lassen.

Nach Ziffer 8.1.1. der “Allgemeinen Klauseln für die Feuerversicherung des VDMA” (Bl. 88 AK I) erkennt der Versicherer an, dass ihm alle Umstände bekannt geworden sind, die im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben und für die Übernahme der Gefahr erheblich waren, es sei denn (Ziffer 8.1.2.), dass die Umstände arglistig verschwiegen worden sind. Letzteres ist hier jedoch vorliegend – wie unter II 2 b noch darzulegen ist – nicht gegeben.

Die Vereinbarung dieses Klauselwerkes hat die S als führender Versicherer ausweislich des Versicherungsscheins (Bl. 42 AK I) “gleichzeitig für die beteiligten Gesellschaften” getroffen, wobei zu letzteren ausweislich des “Verteilungsplans Stand: 01.01.2009” (Bl. 50, 52, 54, 56, 58, 60 und 62 AK I) auch die Beklagte gehört. Die S hat somit ausdrücklich auch im Namen der Beklagten gehandelt.

Die Beklagte hat – wie oben dargestellt – die S als Führende beauftragt und ihr Außenvollmacht erteilt. Wie das Fax-Schreiben der Beklagten (Anlage K 5 = Bl. 11 AK 1) und der Rahmenvertrag der Beklagten mit der Streithelferin (Anlage B 7 = Bl. 32 AK 1) zeigen, war die Beklagte auch mit der Einbeziehung des “VSMA Wording” einverstanden; auch nach dem Willen der Beklagten sollten diese Klauselwerke Inhalt der mit ihr zu schließenden Versicherungsverträge werden. Damit ist die der S erteilte Vollmacht nach den §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die S bei Ausfertigung des Versicherungsscheins berechtigt und bevollmächtigt war, das Klauselwerk der Streithelferin einzubeziehen. Ohne dass es hier auf die weiteren Umstände des Vertragsschlusses bzw. auf die Tragweite des § 5 VVG ankäme, war jedenfalls die S als Führende befugt, eine Einigung über die Einbeziehung dieser Klauselwerke herbeizuführen, die auch die Beklagte mit einschloss. Damit ist Ziffer 8.1.1. Gegenstand des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten geworden.

cc)

Diese Wissenszurechnung kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg mit der Erwägung in Zweifel ziehen, dass sich der Besichtigungsbericht der S allein auf den Hauptvertrag bezogen habe, der mit ihr, der Beklagten, erst später habe zustande kommen sollen – nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung habe die Beklagte beabsichtigt, erst nach Erhalt des Besichtigungsberichts der S über die Frage einer endgültigen Deckung zu entscheiden – und mit dem die Beklagte nichts zu tun gehabt habe, weil mit ihr allein ein Vertrag über eine vorläufige Deckung zustande gekommen sei.

(1)

Dies ist schon nicht zu vereinbaren mit der eigenen Email der Beklagten vom 17.12.2008 (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I), in der es heißt, dass Führende die S sei. Hieraus folgt ohne weiteres, dass sich die Führung der S gerade auch auf das Verhältnis zur Beklagten bezog. Der in der Senatsverhandlung geäußerte Standpunkt, dass sich die Führung der S nur auf die weiteren Mitversicherer (B, I) bzw. auf den Fall eines Zustandekommens einer Hauptversicherung mit der Beklagten bezogen habe, ist mit dem klaren, selbst gewählten Wortlaut der Email nicht zu vereinbaren. Es ist auch nicht erkennbar, dass mit der auf die Überlassung des Besichtigungsberichts der S im ersten Halbjahr 2009 bezogenen Bitte zum Ausdruck gebracht sein könnte, dass keine Hauptversicherung mit der Beklagten und kein Konsortium unter Einschluss der Beklagten vorlag. Weder in der vorgenannten Email noch anderweitig in der gesamten Korrespondenz hat die Beklagte ihren in der Senatsverhandlung vertretenen Standpunkt, dass sie Ende 2008/Anfang 2009 allein zur Eingehung einer vorläufigen Deckung bereit gewesen sei und dass sie erst nach Eingang des Besichtigungsberichts die Frage der endgültigen Deckung habe prüfen wollen, zum Ausdruck gebracht. Da es für die Beklagte ein Leichtes gewesen wäre, zum Ausdruck zu bringen, dass sie anders als die Führende und die weiteren Mitversicherer Ende 2008/Anfang 2009 nicht zum Abschluss einer Hauptversicherung, sondern allein zur Übernahme einer vorläufigen Deckung bereit gewesen sei, und diese Klarstellung tatsächlich nicht erfolgt ist, bleibt bei lebensnaher Betrachtung allein die Schlussfolgerung, dass Ende 2008/Anfang 2009 auch der Wille der Beklagten auf das Zustandekommen einer Hauptversicherung ab dem 01.01.2009 gerichtet war. Hierfür spricht auch, dass die Beklagte keinen eigenen Versicherungsschein ausgestellt hat (vgl. § 3 Abs. 1 VVG) und auch sonst keine schriftliche Fixierung des Vertrages vorgenommen hat.

Hinzu kommen folgende weitere Umstände:

(2)

Es ist nicht nur in der ersten Instanz unstreitig gewesen, dass die Beklagte Mitglied eines aus vier Mitversicherern bestehenden Konsortiums gewesen ist; das Landgericht hat eine solche, nicht durch einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten angegriffene Feststellung getroffen. Auch hat die Beklagte selbst in ihrer Berufungsbegründungsschrift noch vorgetragen, dass der hier in Rede stehende Versicherungsvertrag zusammen mit den weiteren seitens der Klägerin mit der S als führendem Versicherer sowie der I und der B als “weiteren Mitversicherern” geschlossenen Versicherungsverträgen “Teil einer so genannten offenen Mitversicherung” gewesen sei.

(3)

Der Umstand, dass die Beklagte dem im Januar 2009 gebildeten Versicherer-Konsortium nicht angehören wollte, wäre selbst der Führenden verborgen geblieben. Denn in dem seitens der Führenden unterzeichneten Versicherungsschein vom 29.01./10.02.2009 ist die Beklagte unter ihrer damaligen Firmierung AIG in die Verteilungspläne (Bl. 50, 52, 54, 56, 58, 60 und 62 AK I) mit einem Anteil von 25 % aufgenommen worden, und zwar ausdrücklich bezogen auf das Datum des 01.01.2009. Die Beklagte, die den Versicherungsschein ebenfalls erhalten hat, hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, mit seinem Inhalt nicht einverstanden zu sein.

(4)

Hinzukommt, dass die Beklagte das Ende des ersten Halbjahrs 2009 hat verstreichen lassen, ohne von der Streitverkündeten die Übersendung des Besichtigungsberichts der S abzufordern; dies hätte jedoch nahegelegen, wenn die Beklagte – wie sie in ihrer Klageerwiderung vorgetragen hat – es von diesem Besichtigungsbericht hätte abhängig machen wollen, eine vorläufige Deckung zum endgültigen Vertrag erstarken zu lassen, von der vorläufigen Deckungszusage Abstand zu nehmen, eine höhere Prämie zu verlangen oder einen Risikoausschluss zu vereinbaren.

(5)

Auch das weitere eigene Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der im Juli 2009 zustande gekommenen Erweiterung des Versicherungsschutzes belegt, dass die Beklagte von einer bereits zustande gekommenen Hauptversicherung ausgegangen ist.

Denn mit Email-Schreiben vom 22.07.2009 (Anlage K 14 = Bl. 156 AK I) hat die Streithelferin die Beklagte um Abschluss der angebotenen EC-BU-Versicherung gebeten, woraufhin die Beklagte am selben Tag geantwortet hat, dass die Deckung “für unseren Anteil” bestätigt werde (ebenfalls Anlage K 14 = Bl. 156 AK I; gleichlautend bereits das Email-Schreiben der Beklagten vom 21.07.2009 Anlage K 11 = Bl. 152 AK I).

Zwar handelte es sich bei der sog. Extended Coverage Betriebs-Unterbrechungsversicherung nicht um eine auf die Feuerversicherung oder die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung bezogene Erweiterung; entscheidend ist jedoch in dem hier gegebenen Zusammenhang, dass die Beklagte diese Risikoerweiterung zu einem Zeitpunkt bewilligt hat, zu dem ihr der Besichtigungsbericht der S noch nicht vorlag. Die Beklagte hat diese Erweiterung somit nicht von der Vorlage des Besichtigungsberichts abhängig gemacht. Dies lässt die Schlussfolgerung darauf zu, dass dieser Bericht für ihre Bewilligungsentscheidung im Rahmen der Risikoausweitung nicht erheblich war. Zudem hat sie auch hierbei nicht etwa zum Ausdruck gebracht, dass sich ihr Einverständnis zur EC-BU-Versicherung etwa allein auf eine vorläufige Deckung und nicht auf die Hauptversicherung beziehen solle.

Dem entspricht auch der Inhalt des Email-Schreibens der Beklagten vom 21.07.2009 (Anlage K 11 = Bl. 152 AK I). Denn dort weist die Beklagte nicht etwa darauf hin, dass die Vorlage des Besichtigungsberichtes der S nunmehr erforderlich sei, um die Entscheidung der Frage vorzubereiten, ob eine Hauptversicherung über bislang nur vorläufig gedeckte Risiken erfolgen soll. Vielmehr hat die Beklagte in diesem Email-Schreiben ausdrücklich allein “bei Gelegenheit” der Vereinbarung zur EC-BU-Versicherung darum gebeten, “aktuelle Besichtigungsberichte, gerne auch von der Führenden”, zu erhalten. Im Übrigen bringt die auch verwendete Bezeichnung der S als der “Führenden” zum Ausdruck, dass sich die Beklagte zu diesem Zeitpunkt in einem Versichererkonsortium unter deren Führung sah, das allein eine Hauptversicherung zum Gegenstand haben konnte.

Insgesamt spricht deshalb auch das Verhalten der Beklagten im Juli 2009 im Zusammenhang mit der EC-BU-Versicherung dafür, dass die Beklagte das Zustandekommen einer Hauptversicherung nicht vom Vorliegen des Besichtigungsberichtes der S abhängig machen wollte und dass sie selbst im Juli 2009 von dem Vorliegen eines Hauptversicherungsvertrages mit der Klägerin ausging. Ob für die Zeit bis zur Ausfertigung des Versicherungsscheins am 29.01./10.02.2009 ein Vertrag zwischen den Parteien über eine vorläufige Deckung zustandegekommen ist, der dann durch einen (Haupt-)vertrag gemäß Versicherungsschein abgelöst wurde, oder ob dem Vertrag gemäß Versicherungsschein eine Rückwirkung auf den 01.01.2010 zukam, ist ohne Bedeutung.

5.

Damit ergibt sich zusammenfassend:

Auf die fehlende Anzeige einer Nachbarbebauung kann die Beklagte den Rücktritt nicht stützen, weil weder eine diesbezügliche Frage im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 VVG noch eine Belehrung im Sinne des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG vorliegt. Der Rücktritt ist zudem nach § 21 Abs. 1 VVG verfristet.

Damit erweist sich der Rücktritt der Beklagten insgesamt als unwirksam.

II.

Die Anfechtungserklärung der Beklagten vom 25.09.2009 (Anlage B 1 = AK II 1) hat das Vertragsverhältnis der Parteien nicht nach den §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB, 22 VVG beendet.

1.

Dies folgt jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht daraus, dass sich die Klägerin das Verhalten ihrer Streithelferin nicht zurechnen lassen müsste.

a)

Allerdings hat das Landgericht eine Zurechnung nach § 20 VVG zutreffend verneint, weil sich die Vorschrift allein auf den Rücktritt nach § 19 VVG bezieht (vgl. HK-VVG/Schimikowski § 20 VVG Rz 1).

b)

Eine Zurechnung hat jedoch nach § 123 Abs. 2 BGB zu erfolgen.

Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung nur dann anfechtbar, wenn der Anfechtungsgegner die Täuschung kannte oder kennen mußte, sofern es sich bei dem Täuschenden um einen Dritten handelt.

Zwar hat die Beklagte behauptet, dass die Klägerin gewusst habe, dass ihre Streithelferin die Frage 6 im Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 verneint hatte. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat für eine Kenntnis der Klägerin weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz Beweis angetreten. Deshalb kommt eine Anfechtbarkeit bei Annahme einer Arglist der Streithelferin nur dann in Betracht, wenn die Streithelferin nicht Dritte i.S.d. § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB ist.

Dritter i.S.v. § 123 Abs. 2 BGB ist nur der am Geschäft Unbeteiligte; Dritte können deshalb nur diejenigen sein, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dem Kreis des Erklärungsempfängers zuzurechnen sind. Kein Dritter ist, wer auf Seiten des Erklärungsempfängers steht und maßgeblich am Zustandekommen des Vertrages mitgewirkt hat. Im Zweifel ist der Täuschende als Nichtdritter anzusehen, denn nach dem Regel-Ausnahme-Prinzip des § 123 Abs. 1 und 2 BGB ist im Regelfall von der Anfechtbarkeit bei arglistiger Täuschung auszugehen. (Palandt/Ellenberger § 123 BGB Rz 13; Staudinger/Singer/von Finckenstein, Neubearbeitung 2004, § 123 BGB Rz 47)

Zwar ist ein Makler in der Regel Dritter (Staudinger/Singer/von Finckenstein, a.a.O. Rz 50); dies gilt jedoch nur dann, wenn der Makler uneingeschränkt für beide Seiten des Geschäfts tätig ist. Nimmt der Makler jedoch nicht die Interessen beider Parteien wahr, sondern führt die Verhandlungen nur für eine Partei oder ist aufgrund enger Beziehungen als deren Vertrauensperson anzusehen oder übernimmt Aufgaben, die typischerweise einer Partei obliegen, so ist der Makler kein Dritter (BGH NJW 1996, 451; BGH NJW 2001, 358; Staudinger/

Singer/von Finckenstein a.a.O.)

Hier ist die Streithelferin mit der Klägerin durch einen Maklervertrag verbunden, der unstreitig neben der Vermittlung und Verwaltung von Versicherungsverträgen die Wahrnehmung der Interessen der Klägerin gegenüber den Versicherern zum Inhalt hat. Die Klägerin hat der Streithelferin die gesamte Verhandlungsführung gegenüber den Feuerversicherern übertragen; bei den Verhandlungen im Dezember 2008 ist die Klägerin überhaupt nicht in Erscheinung getreten; den Versicherungsschein hat die Streithelferin anstelle der Klägerin (und der Mitversicherungsnehmerin) unterzeichnet. Die Streithelferin hat Fragen nach Gefahrumständen beantwortet, die typischerweise vom Versicherungsnehmer zu beantworten sind. Damit stand die Streithelferin bei wertender Betrachtung im “Lager” der Klägerin (das entspricht dem Selbstverständnis der Streithelferin, die gemäß dem vorgetragenen Inhalt ihres Internetauftritts Versicherungsnehmer damit anspricht, dass ihre Unabhängigkeit “vor allem Ihnen zugute” komme). Der Umstand, dass die Streithelferin mit der Beklagten durch einen Rahmenvertrag verbunden war und zu ihr eine ständige Geschäftsbeziehung bestand, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Landgerichts keine andere Beurteilung, weil die Streithelferin hier im Wege der Ausschreibung und nicht auf der Grundlage des Rahmenvertrages tätig geworden ist. Schließlich kann auch im Hinblick auf die in Ziffer 10.2 der “Allgemeinen Klauseln für die Feuerversicherung des VDMA” nichts anderes gelten. Zwar gelten danach alle Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers dem Versicherer als zugegangen, wenn sie der Streithelferin zugegangen sind; angesichts des rechtsgeschäftlichen Handelns der Streithelferin für die Klägerin kommt dieser sog. Maklerklausel kein prägendes Gewicht in dem hier gegebenen Zusammenhang zu.

Damit ist die Streithelferin – über die aus dem Maklervertrag folgende Sachwalterstellung hinaus – bei Vertragsschluss als rechtsgeschäftliche Stellvertreterin der Klägerin und nicht als neutraler Mittelsmann aufgetreten. Damit ist sie kein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB.

2.

Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass die Streithelferin arglistig gehandelt hat.

Die arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Voraussetzung ist deshalb zunächst, dass vorsätzliches Handeln vorliegt, d.h. dass bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers eingewirkt wird. Darüber hinaus gibt es keinen Erfahrungssatz, dass eine bewusst unrichtige Angabe immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken. Arglist setzt deshalb zusätzlich voraus, dass dem Täuschenden bewußt ist, dass der Versicherer möglicherweise (bedingter VoStz genügt) den Antrag gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde, wenn er die Wahrheit sage (zum Ganzen BGH VersR 2007, 785, 786; BGH VersR 2008, 809).

Die Beweislast für alle objektiven und subjektiven Umstände, die die Anfechtung nach § 123 BGB rechtfertigen, trägt der Versicherer (Looschelders, in: Looschleders/Pohlmann § 22 VVG Rz 30; Bruck/Möller/Rolfs § 22 Rz 41), hier also die Beklagte. Dazu gehört nicht nur die Kenntnis der Umstände, sondern auch die Arglist.

Allerdings war die Angabe im “Besichtigungsbericht zur Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungs-Versicherung” vom 18.11.2008 (Anlage B 5 = AK II Bl. 9 sowie Anlage K 1 = AK I Bl. 2) zum Punkt 6, wo nach Betrieben/Läger in der Nachbarschaft gefragt wurde, falsch. Denn die durch Ankreuzen des Feldes “nein” gegebene Information war falsch, weil sich in Nachbarschaft zu dem in einem Industriegebiet gelegenen Betriebsgrundstück der Klägerin in J die Betriebsstätte des Chemiebetriebes der Fa. X befindet.

a)

Die Klägerin hat ihre sekundäre Darlegungslast erfüllt, weil sie plausibel dargelegt hat, wie es zur Falschangabe gekommen ist, ohne dass Arglist vorgelegen hätte.

Im Hinblick darauf, dass der Versicherer außerhalb des Geschehensablaufs steht, trifft den Versicherungsnehmer eine sekundäre Darlegungslast. Der Versicherungsnehmer muss substantiiert und plausibel darlegen, wie und weshalb es zu der Nicht- oder Falschmitteilung gekommen ist (BGH VersR 2008, 809; BGH VersR 2008, 242). Gelingt dem Versicherungsnehmer nicht, dies plausibel darzulegen, ist von Arglist auszugehen (Langheid/Wandt/Müller-Franck § 22 VVG Rz 25). Legt der Versicherungsnehmer die Gründe plausibel dar, hat der Versicherer diese Gründe sodann zu widerlegen (vgl. Looschelders, in Looschelders/Pohlmann § 22 VVG Rz 31).

Die Klägerin hat tatsächliche Umstände substantiiert und plausibel dargelegt, aus denen folgt, dass die Falschangabe nicht nur nicht arglistig, sondern auch ohne TäuschungsvoStz gemacht worden ist.

Nach dem Vortrag der Klägerin hatte diese selbst keine Kenntnis davon, dass die Frage 6 mit “nein” beantwortet wurde. Denn die Streithelferin hat danach den Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt und nur der Beklagten übergeben.

Des weiteren war es nach dem Vortrag der Klägerin so, dass der für die Streithelferin tätige Zeuge G2 beim Übertragen seiner vor Ort gemachten Notizen in dem im Computer gespeicherten Fragebogen irrtümlich einen Haken per Mausklick an die falsche Stelle gesetzt habe. Denn er habe das Kästchen “ja” markieren wollen und aus Versehen das Kästchen “nein” angeklickt.

Diese Darlegung ist für sich genommen plausibel und substantiiert. Ein Eingabe- bzw. Schreibfehler stellt für sich ein bloßes Versehen dar, das VoStz und Arglist gleichermaßen ausschließt. Etwas anders folgt auch nicht aus der von der Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung OLG Saarbrücken VersR 2005, 929, welches lediglich aus fallbezogenen Gründen eine plausible Darlegung der Gründe für ein unrichtiges Ankreuzen im Antragsformular verneint hat. Der Umstand, dass die unrichtige Angabe beim Korrekturlesen nicht aufgefallen ist, ist entgegen der erstinstanzlichen Auffassung der Beklagten kein Hinweis auf das Vorliegen einer bloßen Schutzbehauptung, weil der Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 nicht frei von Schreibfehlern ist, die allesamt unkorrigiert geblieben sind.

b)

Die Beklagte beruft sich zur Widerlegung des Vortrags zum Zustandekommen der Falschangabe im Besichtigungsbericht nicht auf Zeugen.

Sie hat zur Überzeugung des Senats auch nicht durch Indizien bewiesen, dass die Falschangabe vorsätzlich und arglistig erfolgt ist.

aa)

Zwar weist die Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass zur Ziffer 6 des Besichtigungsberichts im Falle einer bejahenden Antwort weitere erläuternde Angaben zu machen waren, und zwar unter Ziffer 1, die jedoch dort nicht vorhanden sind.

Grundsätzlich kann das Fehlen solcher erläuternder Angaben darauf hindeuten, dass das Markieren des “Nein”-Feldes nicht versehentlich, sondern absichtlich erfolgte.

Allerdings verliert dieser Gesichtspunkt entscheidend an Gewicht, wenn man in den Blick nimmt, dass auch bei der unmittelbar vorangehenden Frage zur Ziffer 5 betreffend das Vorhandensein von “feuergefährlichen und explosionsgefährlichen Stoffen (ohne Brennstoffe)” zwar das Kästchen “ja” markiert ist und gleichwohl auch dort die an sich für diesen Fall zu machenden Angaben zu Ziffer 1 fehlen, wo allein die Rede davon ist, dass die Ladestationen demnächst in eine LKW-Schleuse und damit entfernt “von brennbaren Materialien” umgesetzt werden würden; zu den “feuergefährlichen und explosionsgefährlichen Stoffen” findet sich keine Erläuterung.

Inhaltlich fällt ins Gewicht, dass mittels des “ja” zu Frage 5 das Vorhandensein von feuergefährlichen und explosionsgefährlichen Stoffen auf dem Versicherungsgrundstück angegeben wurde, also Umstände von besonderer Gefahrrelevanz. Es untermauert den Vortrag der Klägerin, die Verneinung der Frage 6 zum Vorhandensein von Nachbarbetrieben sei allein irrtümlich erfolgt, wenn zugleich die Frage nach dem Vorhandensein von feuergefährlichen und explosionsgefährlichen Stoffen bejaht wird.

bb)

Entgegen der Meinung der Beklagten kann der Umstand, dass die Streithelferin anderen Mitversicherern, nicht jedoch der Beklagten, einen Lageplan (Anlage K 2 AK I) übergeben hat, nicht allein mit dem Vorhandensein von VoStz und Arglist erklärt werden. Denn es kommt hier ohne weiteres in Betracht, dass das Nichtzurverfügungstellen eines solchen Lageplanes, welches die benachbarten Industriebetriebe ausweist, auf anderen Gründen beruht. So hat die Klägerin substantiiert dargelegt, dass dies hier der Fall ist. Denn die Streithelferin, deren Vortrag sich die Klägerin insoweit zu Eigen gemacht hat, hat die Nichtübergabe eines Lageplans an die Beklagte damit erklärt, dass ihre Mitarbeiterin G1 als damalige Urlaubsvertreterin des für die Ausschreibung zuständigen Mitarbeiters X1 den beiden von ihr gefertigten Email-Schreiben vom 03.12.2008 – u.a. an die Beklagte – lediglich vier Pdf-Dateien beigefügt habe, während der Mitarbeiter X1 nach Urlaubsrückkehr den fünf von ihm erstellten Email-Schreiben vom 08.12.2008 17 Pdf-Dateien beigefügt habe, u.a. solche mit dem Lageplan. Beide Mitarbeiter hätten nicht gewusst, dass der Mitarbeiter G2 irrtümlich die Frage 6 des Besichtigungsberichts verneint gehabt habe. Trifft der für sich genommen plausible Vortrag von Klägerin und Streithelferin zu, beruht die Nichtübergabe eines Lageplans an die Beklagte auf anderen Gründen als auf VoStz und Arglist. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Klägerin nicht widerlegt oder entsprechenden Beweis dazu angeboten. Deshalb kann vorliegend daraus, dass die Streithelferin den anderen Mitversicherern, nicht jedoch der Beklagten, einen Lageplan übergeben habe, nicht auf ein Handeln mit VoStz und Arglist geschlossen werden.

Demgegenüber ist entgegen der Meinung der Klägerin und der Streithelferin der Umstand, dass die Beklagte mit Schreiben vom 08.12.2008 (Anlage K 5 Seite 3 = Bl. 12 AK I) eine eigene Besichtigung ankündigte, für die Frage eines vorsätzlichen und arglistigen Handelns ohne Bedeutung. Denn diese Ankündigung folgte der Verneinung der Frage 6 im Besichtigungsbogen zeitlich nach. Dass die Streithelferin mit einer Besichtigung durch die Beklagte rechnen musste, hat diese nur pauschal behauptet.

cc)

Ein durchgreifender Anhaltspunkt für ein vorsätzliches und arglistiges Verhalten der Streithelferin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer ansonsten drohenden Versicherungslücke.

Zwar weist die Beklagte im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass die bisherige Deckung bei dem von der B geführten Versicherungskonsortium nur bis zum 31.12.2008 bestand. Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Klägerin der Streithelferin das Mandat erst am 05.11.2008 erteilt hat, so dass das Risiko binnen einer Zeit von weniger als zwei Monaten (einschließlich Weihnachten) abzudecken war. Gleichwohl kann aus dem Umstand, dass die Streithelferin erst am 02.12.2008 Ausschreibungsunterlagen der Beklagten übermittelt hat, nicht indiziell darauf geschlossen werden, dass sich die Streithelferin zur Beschleunigung der Abwicklung gesagt habe, dass die wahrheitsgemäße Beantwortung “zu unnötigen Komplikationen” führe.

Denn dieser Gesichtspunkt einer zeitlichen Drucksituation verliert dadurch an Gewicht, dass die Mitversicherer S und I bereit gewesen sind, sich an der offenen Mitversicherung mit höheren Quoten zu beteiligen. So hat die S mit Email-Schreiben vom 11.12.2008 (Bl. 301 d.A.) eine Erhöhung der Beteiligungsquote von 35 % auf 45 % in Aussicht gestellt; auch die I hat mit Email-Schreiben vom 27.11.2008 (Bl. 302 d.A.) mitgeteilt, “gerne eine höhere Quote als bisher zu zeichnen, sofern sich die Möglichkeit hierzu ergibt”. Weiter verliert der Gesichtspunkt einer auf der Streithelferin lastenden Drucksituation dadurch an Gewicht, dass die Streithelferin selbst es war, die die Beklagte mit Email-Schreiben vom 17.12.2008 (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I) – also unmittelbar vor dem Jahresende – darum bat, ihre Beteiligung auf 25 % herabzusetzen, nachdem die Beklagte mit Email-Schreiben vom 08.12.2008 (Anlage K 5 = Bl. 13 AK I) noch mitgeteilt hatte, eine Führungsquote von 30 % anzustreben.

(dd)

Anders als die Beklagte erstinstanzlich gemeint hat, kann aus dem Vortrag der Klägerin, dass sie den Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 der Streithelferin nicht unterschrieben und seine Richtigkeit nicht gegenüber der Beklagten bestätigt habe, nicht der Schluss darauf gezogen werden, dass die Klägerin sich nicht darum gekümmert habe, ob die Streithelferin als ihre Maklerin die Beklagte richtig informiert habe. Denn nach dem Inhalt des zwischen ihr und der Streithelferin bestehenden Maklervertrages oblag gerade der Streithelferin die Vermittlung von Versicherungsverträgen und die Interessenwahrnehmung gegenüber den Versicherern, so dass es zumindest ebenso naheliegt, dass sich in dem Verhalten der Klägerin lediglich ausdrückt, dass die Klägerin die Anbahnung des Versicherungsvertrages der damit von ihr beauftragten Streithelferin als Maklerin überlassen hat.

ee)

Ebenfalls anders als die Beklagte erstinstanzlich gemeint hat ist der Umstand, dass die Streithelferin in ihrem Besichtigungsbericht vom 18.11.2008 nicht erwähnt hat, dass ihr Mitarbeiter N in der Zeit vom 16.05.2008 bis zum 18.11.2008 insgesamt viermal das Betriebsgelände aufgesucht hat, kein Indiz für ein vorsätzliches und arglistiges Verhalten der Streithelferin. Denn es ist unbestritten, dass die Streithelferin von dem Vorhandensein von Nachbarbetrieben am 18.11.2008 Kenntnis hatte; ob sie diese Kenntnis am 18.11.2008 oder schon vorher erworben hat, ist für den Inhalt des Besichtigungsberichts und seinen bestimmungsgemäßen Empfänger ohne jede Bedeutung. Das Weglassen von irrelevanten Details ist kein Indiz für VoStz oder Arglist.

ff)

Zwar hat die Beklagte zutreffend erstinstanzlich argumentiert, dass eine Täuschungsabsicht indiziert sein kann, wenn eine belanglose Erkrankung bei gleichzeitigem Verschweigen einer gravierenden Erkrankung angegeben wird. Allerdings ist eine vergleichbare Schlussfolgerung vorliegend weder zwingend noch naheliegend. Denn grundsätzlich kann die “Anzeige von Lappalien” bei Nichtangabe von gefahrerheblichen Umständen auch auf weiteren Umständen beruhen, so dass dieser Gesichtspunkt allein in der Zusammenschau mit weiteren Umständen ein indizielles Gewicht haben könnte. Darüber hinaus ist es nicht so, dass sich die Streithelferin auf die Erwähnung von belanglosen Umständen beschränkt hätte. Denn zu Ziffer 5 des Besichtigungsberichts vom 18.11.2008 hat die Streithelferin die Frage nach dem Vorhandensein von “feuergefährlichen und explosionsgefährdeten Stoffen bejaht. Ein Anhaltspunkt für eine subtile Täuschung durch Erwähnung belangloser Umstände ist damit nicht gegeben.

gg)

Auch unter dem Gesichtspunkt des Auswechselns der Erklärungsversuche seitens der Geschäftsführung der Streithelferin ergibt sich kein Indiz für ein vorsätzliches und arglistiges Verhalten der Streithelferin.

Zwar ist unstreitig, dass der Geschäftsführer der Streithelferin E am 13.08.2009 gegenüber Mitarbeitern der Beklagten telefonisch erklärt hat “Je nachdem, wo man steht, sieht man die benachbarten Betriebsgebäude nicht”. Ebenso ist unstreitig, dass der Geschäftsführer E mehrfach erklärt hat, dass der Zeuge G2 das Feld “ja” mit einem Häkchen versehen habe, welches jedoch beim Ausdrucken in das Antwortfeld “nein” verrutscht sei.

Nach dem Vortrag der Streithelferin (Bl. 286) hat E seine Aussage vom 13.08.2009 nicht auf die Angabe im Besichtigungsbericht bezogen, den er noch nicht gekannt habe, sondern auf die von ihm bei einer eigenen Besichtigung nach dem Schadensfall festgestellten Weitläufigkeit des Betriebsgeländes der Klägerin. Seine weitere Angabe beruhe darauf, dass der Zeuge G2 zunächst nicht habe sagen können, ob ein Computerfehler oder ein versehentliches Anklicken vorgelegen habe. Erst später sei ein Computerfehler ausgeschlossen worden, so dass nur ein irrtümlich falsches Anklicken als Erklärung bleibe.

Hieraus ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten allein, dass der Geschäftsführer der Streithelferin zunächst nach – zudem widersprüchlichen – Ausflüchten gegriffen hat. Auch wenn man mit der Beklagten davon ausgeht, dass in diesen “Ausweichmanövern” ein “absurdes Versteckspiel” der Streithelferin liege, ergibt sich für die Frage eines vorsätzlichen und arglistigen Verschweigens der Existenz von benachbarten Betrieben nur wenig. Denn ein verantwortungsabwehrendes Verhalten, selbst mit “absurden” Argumenten, lässt für sich genommen allein auf eine von Anfang an bestehende Bereitschaft schließen, für Folgen eines bestimmten Verhaltens nicht einstehen zu wollen. Ein Schluss auf ein vorsätzliches und arglistiges Vorverhalten kann dagegen nur im Zusammenspiel mit anderen Gesichtspunkten gezogen werden.

hh)

Gleiches gilt für den seitens der Beklagten herangezogenen Gesichtspunkt der verspäteten Übersendung des Besichtigungsberichts der S. Zwar ist davon auszugehen, dass zwischen Erhalt und Weiterleitung des Besichtigungsberichts ein nicht unbeträchtlicher Zeitraum verstrichen ist.

Denn die Beklagte hatte mit Email vom 17.12.2008 (Anlage K 7 = AK I Bl. 14) gegenüber der Streithelferin die Deckung bestätigt und um Überlassung eines Besichtigungsberichts der Führenden im 1. Halbjahr 2009 gebeten; mit Email-Schreiben vom 21.07.2009 hat die Beklagte die Streithelferin “noch einmal” um Übersendung “aktueller Besichtigungsberichte, gerne auch von der Führenden” (Anlage K 11 = AK I Bl. 152) gebeten.

Der Besichtigungsbericht der S vom 16.01.2009 (Anlage K 9 = AK I Bl. 17 ff mit dem dort Seite 16 = Bl. 32 enthaltenen Hinweis auf “besondere Nachbarschaftsgefahren”) war der Streithelferin bereits Ende Januar/Anfang Februar 2009 zugegangen, während die Streithelferin die Besichtigungsberichte der S betreffend beide Standorte erst per Email-Schreiben vom 21.07.2009 (Anlage K 11 = Bl. 152 AK I) an die Beklagte übeSndte.

Zwar kommt es grundsätzlich in Betracht, dass das Unterbleiben einer zeitnahen Übersendung des Besichtigungsberichts ein gewisses Indiz für ein vorsätzliches und arglistiges Verschweigen der Nachbarbetriebe darstellen und nicht etwa auf einem bloßen Vergessen oder Versehen beruhen könnte. Diese Möglichkeit eines absichtsvollen Zurückhaltens relativiert sich jedoch vorliegend deshalb, weil die Streithelferin am 21.07.2009 das Email-Schreiben der Beklagten von 14.45 Uhr umgehend mit Email-Schreiben von 15.24 Uhr beantwortete und dabei die Besichtigungsberichte vorlegte.

ii)

Soweit die Beklagte erstinstanzlich die Auffassung vertreten hat, dass der Umstand, dass die Streithelferin mit ihr, der Beklagten, über einen “Rahmenvertrag” (Anlage B 7 = AK II Bl. 32) verbunden war, die arglistige Täuschung begünstigt habe, weil die Beklagte keinen Anlass gehabt habe, an den Angaben der Streithelferin aufgrund der seit längerem andauernden Geschäftsbeziehungen zu zweifeln, so relativiert sich auch dies durch die zumindest ebenso naheliegende Erwägung, dass gerade eine ständige Geschäftsbeziehung durch eine arglistige Täuschung eine massive Schädigung würde hinnehmen müssen.

jj)

Aus dem Verhalten der Klägerin und der Streithelferin im Zusammenhang mit der anteiligen Prämienrückerstattung kann nicht auf ein Eingeständnis der Klägerin hinsichtlich einer vorsätzlichen und arglistigen Falschangabe geschlussfolgert werden. Zwar hat die Streithelferin mit Email-Schreiben vom 01.10.2009 (Anlage BB 4 = Bl. 437 d.A.) die Beklagte gebeten, die Überweisung auf ihr dort näher bezeichnetes Girokonto vorzunehmen, nachdem die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 25.09.2009 (Anlage B 1 = AK II 1) die Klägerin um Bekanntgabe einer Kontoverbindung zum Zwecke einer anteiligen Prämienrückerstattung nach erklärtem Rücktritt gebeten hatte. Dem Gesamtzusammenhang nach spricht jedoch die Mitteilung einer Kontoverbindung für die anteilige Prämienrückerstattung seitens der Streithelferin, anders als die Beklagte erstinstanzlich gemeint hat, keine “Bände” für VoStz und Arglist. Denn die Klägerin hatte bereits mit Schreiben vom 25.08.2009 (Anlage K 16 = Bl. 167 AK I) den Rücktritt der Beklagten zurückgewiesen und Zahlung einer Abschlagszahlung von 3.750.000 EUR verlangt. Damit war auch aus der Sicht der Beklagten klargestellt, dass die Klägerin gerade nicht von dem Vorliegen einer vorsätzlichen Falschangabe ausging, so dass weder grundsätzlich noch aus der Sicht der Beklagten aus der Mitteilung der Kontoverbindung auf ein Eingeständnis eines vorsätzlichen Handelns geschlossen werden kann. Überdies hatte die Klägerin bereits am 24.09.2009 die hiesige Klage erhoben.

kk)

Auch bei einer Gesamtschau aller Indizien und sonstiger Gesichtspunkte hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis eines arglistigen Handelns der Streithelferin nicht geführt. Im Gegenteil ergibt eine Gesamtschau der Fallumstände, dass ein arglistiges Handeln der Streithelferin ausgeschlossen ist.

Hierfür spricht schon der Umstand, dass es bereits nach den Arbeitsabläufen bei der Streithelferin unplausibel ist, dass der Mitarbeiter der Streithelferin G2 absichtsvoll das Vorhandensein einer Nachbarbebauung verschwiegen haben könnte. Wie sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben hat, ist der Mitarbeiter G2 als (einfacher) Sachbearbeiter bei der Streithelferin tätig; seine Tätigkeit beschränkt sich im hier gegebenen Zusammenhang in der Aufnahme von Informationen; in den Vertragsschluss selbst ist er nicht einbezogen. Dass er selbst aus eigenem Antrieb arglistig getäuscht haben sollte, ist mehr als unwahrscheinlich, weil er selbst dafür keinerlei Motiv hatte. Dass sich die maßgeblichen Entscheidungsträger der Streithelferin bei einer solchen von der Beklagten behaupteten arglistigen Täuschung einer Hilfsperson bedient hätten, ist genauso unwahrscheinlich. Bei einem solchen Vorhaben der arglistigen Täuschung hätten sich die maßgebenden Personen keine Mitwisser verschafft, sondern den Fragenkatalog selbst ausgefüllt.

Dass er auf Geheiß oder im Einverständnis mit am Vertragsschluss befassten Personen bei der Streithelferin gehandelt haben könnte, behauptet die Beklagte selbst nicht; dafür fehlt auch jeglicher Anhaltspunkt. Dies spricht für ein versehentliches Handeln des Mitarbeiters G2.

Maßgeblich kommt folgendes noch hinzu:

Das Vorhandensein von Betrieben in der Nachbarschaft eines zu versichernden Industriebetriebs ist ein denkbar ungeeigneter Gegenstand einer Täuschung. Das evidente Vorhandensein von Nachbarbetrieben lässt sich mit keinerlei Mittel verschleiern; die Entdeckung kann nur eine Frage der Zeit und die Nichtentdeckung reiner Zufall sein. Spätestens bei Eintritt des Versicherungsfalls muss mit einem Entdecken und folglich einem Entfallen von Deckung gerechnet werden. Deshalb ist eine solche Täuschung wirtschaftlich sinnlos.

Vorliegend kommt hinzu, dass die S als Führende eine Betriebsbesichtigung durchgeführt hat; es lag auch auf der Hand, dass der führende Versicherer – wer immer dies auch sein würde – eine Betriebsbesichtigung vornehmen würde. Einem einzelnen Mitversicherer gleichwohl das Vorhandensein von benachbarten Betrieben zu verschweigen, ist in doppelter Weise ohne jeden Sinn: Denn zu der oben angeführten generellen Sinnlosigkeit tritt hinzu, dass der führende Versicherer über alle relevante Unterlagen und Kenntnisse verfügt, so dass jedermann mit einer Weitergabe, spätestens im Versicherungsfall, rechnen muss.

Auch wenn man mit dem Vortrag der Beklagten auf Seiten der Streithelferin einen erheblichen Zeitdruck unterstellt, liegt eine Täuschung über das Vorhandensein von Nachbarbetrieben gänzlich fern, zumal zu Ziffer 5 des Besichtigungsberichtes vom 18.11.2008 das Vorhandensein von feuergefährlichen und explosionsgefährlichen Stoffen auf dem eigenen Betriebsgrundstück bejaht wurde. Es ist deshalb nicht im Ansatz einsichtig oder nur nachvollziehbar, dass Zeitdruck zu einer arglistigen Täuschung über das Vorhandensein von Nachbarbetrieben geführt haben könnte.

Überdies zeigt der Umstand, dass die Streithelferin, wie es unbestritten geblieben ist, fünf Versicherern im Rahmen der Ausschreibung Lagepläne übeSndt hat. Dieser Umstand belegt, dass es der Streithelferin nicht daran gelegen war, das Vorhandensein von Nachbarbetrieben generell zu verheimlichen, so dass Arglist überhaupt nur dann in Betracht kommen könnte, wenn ein Grund dafür ersichtlich wäre, gerade gegenüber der Beklagten die Nachbarbetriebe zu verschweigen, zumal die Versicherer aus dem Vor-Konsortium aus dem Vorhandensein von Nachbarbetrieben keine für die Klägerin nachteiligen Folgen gezogen haben. Ein durchgreifender Grund hierfür ist jedoch nicht im Ansatz ersichtlich, da die Beklagte jedenfalls nicht der einzig in Betracht kommende Versicherer gewesen ist.

Insgesamt gesehen spricht nichts dafür, dass es der Streithelferin – wie die Beklagte es sieht – darum gegangen sein könnte, die Beklagte zunächst zu “ködern” und in einen Vertrag “hinein zu locken” in der Hoffnung, dass die Beklagte an dem Vertrag festhalten würde, wenn ihr das Vorhandensein von Nachbarbetrieben gewahr werden würde.

Die Beklagte hat nach alledem nicht im Wege des Indizienbeweises den Nachweis von VoStz und Arglist geführt.

3.

Der Versicherungsvertrag der Parteien ist deshalb nicht aufgrund der Anfechtungserklärung der Beklagten nichtig.

III.

Die für eingetretenen Fall, dass der Senat ein Durchgreifen der ausgesprochenen Gestaltungsrechte nicht annimmt, erhobene Hilfswiderklage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Denn es sind auch solche Gebäude feuerversichert, bei denen Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes als Dämmmaterial verbaut wurde.

1.

Allerdings ist im Dezember 2008 ein Versicherungsvertrag mit dem Inhalt, dass nur solche Gebäude feuerversichert sind, bei denen kein Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes als Dämmmaterial verbaut wurde, zustande gekommen.

a)

Ausgangspunkt ist das Schreiben der Streithelferin vom 02.12.2008 (Anlage K 3 = Bl. AK I), mit dem die Streithelferin die Ausschreibung der Verträge vorgenommen hat. Dies ist als eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zu werten (invitatio ad offerendum).

Hierauf hat die Beklagte mit Fax-Schreiben vom 08.12.2008 (Anlage K 5 = Bl. 10 AK I) geantwortet und dieses als “Prämienofferte” bezeichnet (ebenso dort Seite 3: “das Angebot”). Die im Faxschreiben der Beklagten an die Streithelferin vom 08.12.2008 (Anlage K 5 = Bl. 12 AK I) zum Ausdruck gekommene Einschränkung dahin, dass das Angebot nur aufrecht erhalten werden könne, sofern an den Standorten kein Styropor als Dämmung verbaut worden sei, bezieht sich wortlautgemäß nicht auf die zu gewährende Deckung, sondern auf das unterbreitete Angebot. Dem Wortlaut nach ist damit eine Bedingung für die Aufrechterhaltung des Angebots zum Ausdruck gebracht worden. Allerdings zeigt die Ausübung von Gestaltungsrechten durch die Beklagte, dass sie grundsätzlich von einem wirksamen Versicherungsvertrag ausgeht. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Beklagte auch durch ihr Schreiben vom 08.12.2008 auf die Vereinbarung eines entsprechenden Risikoausschlusses abzielte, wie er sich aus dem Rahmenvertrag der Streithelferin mit der Beklagten ergibt. Die Streithelferin konnte die vorgenannte Einschränkung auch nicht etwa als Bedingung für die Gültigkeit des Angebots verstehen; sie hat es tatsächlich auch nicht in diesem Sinn verstanden.

Es kann offenbleiben, ob dieses Fax-Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 ein Angebot (wie die Klägerin meint) oder nur eine invitatio ad offerendum darstellt (wie die Beklagte meint). Denn wenn das Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 ein Angebot beinhaltet hätte, wäre dies durch die Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 10.59 Uhr und 11.00 Uhr (Anlage K 6 = Bl. 13 AK I) nach § 150 Abs. 2 BGB abgelehnt worden, wobei die Streithelferin mittels dieser Email-Schreiben ein neues Angebot unterbreitet hätte. Wenn man dagegen das Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 lediglich als invitatio ad offerendum ansieht, läge in den Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 das erste Vertragsangebot i.S.d § 145 BGB.

Dieses Angebot der Streithelferin hat die Beklagte sodann mit Email-Schreiben vom 17.12.2008 11.41 Uhr (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I) angenommen, indem sie die “Deckung wie beschrieben” bestätigt hat. Entgegen dem Standpunkt der Streithelferin liegt in diesem Email-Schreiben nicht etwa deshalb ein neues Angebot nach § 150 Abs. 2 BGB, weil die Beklagte nunmehr bestimmt hat, dass Führende nicht sie, sondern die S sein sollte. Denn nach dem insoweit nach § 67 ZPO maßgeblichen Vortrag der Klägerin war es so, dass “inzwischen” also vor Fertigung des Email-Schreibens vom 17.12.2008 – vereinbart worden ist, dass die Rolle der Führenden von der S übernommen werden sollte.

Das Zustandekommen des Vertrages am 17.12.2008 entspricht dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien (vgl. Vortrag der Klägerin Bl. 115 d.A. sowie Vortrag der Beklagten Bl. 64 d.A.). Der abweichende Vortrag der Streithelferin (Bl. 297 d.A.) hat nach § 67 ZPO zurückzustehen.

b)

Sieht man in dem Fax-Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 ein Angebot der Beklagten – so der Standpunkt der Klägerin – , liegt in dem Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 11.59 Uhr (Anlage K 6 = Bl. 13 AK I) die Ablehnung mit einem modifizierten Angebot. Inhaltlich nimmt dieses Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 ausdrücklich Bezug auf das “Angebot” der Beklagten, wobei es sich dem Zusammenhang nach nur um das Fax-Schreiben der Beklagten vom 08.12.2008 handeln kann. Dies hat zur Folge, dass das Angebot der Streithelferin inhaltlich das “Angebot” der Beklagten aufnimmt und es hinsichtlich der in den beiden Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 genannten Punkten modifiziert. Diese Modifizierungen betreffen jedoch nicht die Frage der Dämmung; deshalb ist das Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 dahin auszulegen, dass im Übrigen – soweit nicht modifiziert – der Inhalt des Fax-Schreibens der Beklagten vom 08.12.2008 gilt, also auch der Risikoausschluss.

Sieht man dagegen erst im Email-Schreiben der Streithelferin vom 17.12.2008 das erste rechtsgeschäftliche Vertragsangebot – so der Standpunkt der Beklagten – , dann hatte es durch Bezugnahme auf das “Angebot” der Beklagten (das kann nur deren Faxschreiben vom 08.12.2008 sein) dieses sowie die Gesichtspunkte aus dem Email-Schreiben vom 17.12.2008 zum Inhalt. Auch dann ergibt sich, dass das Angebot der Streithelferin die Vereinbarung einer Risikoausschlussklausel zu Styropor zum Gegenstand hatte.

Der Wille der Beklagten, im Übrigen zu den Bedingungen ihres Fax-Schreibens vom 08.12.2010 zu kontrahieren, zeigt ihr Email-Schreiben vom 17.12.2010 11.41 Uhr (Anlage K 7 = Bl. 14 AK I), wonach die “sonstigen Eckdaten” aus dem vorbezeichneten Schreiben Gültigkeit haben sollen. Zu den Eckdaten gehören nicht nur auf das Zahlenwerk bezogene, sondern sämtliche Regelungspunkte. Im Übrigen ist auch kein Gesichtspunkt ersichtlich, der die Annahme rechtfertigen könnte, die Beklagte habe ihre Haltung gegenüber der Verwendung von Styropor als Dämmmaterial nur deshalb inhaltlich verändert, nur weil Führende nunmehr die S sein sollte.

Damit ergibt sich, dass die Parteien im Dezember 2008 eine Einigung getroffen haben, die die Geltung der Risikoausschlussklausel zum Inhalt hat.

2.

Jedoch ist der im Dezember 2008 vereinbarte Risikoausschluss, wonach nur solche Gebäude feuerversichert sind, bei denen kein Styropor im Sinne eines Polystyrol-Baustoffes als Dämmmaterial verbaut wurde, wieder durch den entgegenstehenden Inhalt des Versicherungsscheins, der eine entsprechende Risikoausschlussklausel nicht vorsieht, entfallen.

a)

Nach § 5 Abs. 1 VVG gilt dann, wenn der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen abweicht, die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 VVG erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht befristet widerspricht.

Hier enthält der Versicherungsschein vom 29.01./10.02.2009 (Anlage K 10 = Bl. 42 AK I) keine Risikoausschlussklausel hinsichtlich Styropor als verwendetem Dämmmaterial. Dies ist gegenüber einer im Dezember 2008 getroffenen Vereinbarung mit Risikoausschlussklausel eine für die Klägerin als Versicherungsnehmerin günstige Abweichung.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt für den Versicherungsnehmer begünstigende Abweichungen allein § 5 Abs. 1 VVG und nicht § 5 Abs. 2 VVG (für das alte Recht siehe BGH VersR 1989, 395 m.w.N.; weitere Nachweise bei Prölss/Martin § 5 VVG Rz 7). Denn § 5 Abs. 2 VVG ist eine Schutzvorschrift zugunsten des Versicherungsnehmers, so dass sich seine Anwendung auf für den Versicherungsnehmer ungünstige Abweichungen beschränkt. Nach der Neufassung des VVG kann nichts anderes gelten (so etwa auch HK-VVG/Brömmelmeyer § 5 VVG Rz 9). Maßgebend ist unverändert, dass kein Grund ersichtlich ist, dass der Versicherer aus der Verletzung einer Schutzvorschrift zugunsten des Versicherungsnehmers Vorteile herleiten können sollte.

Die in der Literatur zur Neufassung des § 5 VVG vertretenen Auffassungen führen vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Denn soweit Prölss/Martin (§ 5 VVG Rz 7) bei Vorliegen den Versicherungsnehmer begünstigenden Abweichungen auch die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 VVG verneint, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes, weil in der Zusendung des Versicherungsscheins ein neues Angebot liegt, das der Versicherungsnehmer jedenfalls durch Prämienzahlung annimmt; für die Vergangenheit soll nach dieser Auffassung eine Rückwärtsversicherung vorliegen. Das gleiche Ergebnis ergibt sich bei Zugrundelegung der Auffassung von C.Schneider (in: Looschelders/Pohlmann § 5 VVG Rz 16), der sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 für anwendbar erachtet; denn auch er geht (a.a.O. Rz 17) von einem neuen Angebot mit stillschweigendem Einverständnis kombiniert mit einer Rückwärtsversicherung aus. Soweit Langheid/Wand/Armbrüster (§ 5 VVG Rz 29) ebenfalls sowohl Abs. 1 als auch Abs. 2 für anwendbar erachtet, soll nach dieser Auffassung mittels § 242 BGB eine Korrektur stattfinden, wonach dem Versicherer nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf das Fehlen eines Hinweises nach Abs. 2 zu berufen.

b)

Entgegen der Auffassung der Beklagten findet § 5 VVG hier nicht deshalb keine Anwendung, weil es um die Abweichung eines Versicherungsscheins eines anderen Versicherers von der Vereinbarung der Parteien gehe und sie, die Beklagte, mit diesem Versicherungsschein – wie sie in der mündlichen Verhandlung vertreten hat – nichts zu tun habe.

aa)

Für ihre Auffassung kann die Beklagte das von ihr erstinstanzlich herangezogene Urteil des OLG Celle r+s 1975, 238 nicht mit Erfolg in Bezug nehmen. Soweit die Beklagte an diese Entscheidung anknüpfend meint, dass § 5 VVG voraussetze, dass die Versicherung zunächst bei einem einzigen Versicherer beantragt sei, der die Beteiligung anderer Versicherer erst in der Police offenlege, so liegt unter der vorgenannten Voraussetzung ein Anwendungsfall des § 5 VVG vor, ohne dass damit allerdings der einzige Anwendungsfall des § 5 VVG beschreiben wäre.

bb)

Der Versicherungsschein vom 29.01./10.02.2009 (Anlage K 10 = Bl. 42 AK I) betrifft das Versicherungsverhältnis der Parteien, denn die Beklagte ist Mitglied in dem Versichererkonsortium, dessen Vertragsbeziehung durch diesen Versicherungsschein geregelt ist. Es ist nicht etwa so, wie die Beklagte meint, dass sie außerhalb dieses Konsortiums steht und der Versicherungsschein deshalb für ihre Vertragsbeziehung zur Klägerin ohne Bedeutung ist.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Wie unter I 4 b aa dargelegt hat die Beklagte die S beauftragt, innerhalb des zu bildenden Konsortiums die Aufgabe als Führende zu übernehmen und ihr Vollmacht erteilt. Auch hier kann der Senat die abschließende Bestimmung des Umfangs der Vollmacht offenlassen, weil jedenfalls nach der VerkehSuffassung – dies stellt die Beklagte auch nicht in Abrede – auch die Erstellung des Versicherungsscheins zum Aufgabenkreis des Führenden gehört (vgl. auch Schaloske r+s 2010, 279, 280: “allgemeine Führungsaufgabe” sowie Schaloske VersR 2007, 606, 607: “nahezu ausnahmslos”). Dies ist im Übrigen auch dadurch belegt, dass die Beklagte, ebenso wie die weiteren Mitversicherer, davon abgesehen hat, einen eigenen Versicherungsschein auszustellen.

Wie der Versicherungsschein vom 29.01./10.02.2009 (Anlage K 10 = Bl. 42 AK I) zeigt, hat die S durch die Formulierung “gleichzeitig für die mitbeteiligten Gesellschaften” ausdrücklich auch im Namen der Beklagten – dies zeigen die Verteilungspläne Bl. 56, 58, 60 und 62 AK I – gehandelt (vgl. für eine parallele Gestaltung OLG Hamburg VersR 1984, 980).

Zwar treffen Ziffer 10.5 der “Allgemeinen Klauseln für die Feuerversicherung des VDMA” (Bl. 98 AK I) sowie Ziffer 9.5 der “Allgemeinen Klauseln für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung des VDMA” (Bl. 140 AK I) Regelungen für den Fall, “soweit die vertraglichen Grundlagen für die beteiligten Versicherer die gleichen sind”, so dass das Regelungswerk auch abweichende Einzelregelungen mit Mitversicherern grundsätzlich zulässt. Dies kann jedoch nicht zur grundsätzlichen Unanwendbarkeit des § 5 Abs. 1 VVG führen. Zwar ist § 5 Abs. 1 bis 3 VVG nach § 18 VVG lediglich halbzwingend, so dass eine Abdingbarkeit nach § 210 VVG grundsätzlich möglich ist. Für eine solche, auch konkludent, ist jedoch ein Anhaltspunkt nicht ersichtlich.

Nicht gefolgt werden kann der Auffassung der Beklagten, dass die Risikoausschlussklausel als “getroffene Sondervereinbarung” unberührt bleibe. Denn es liegt gerade im Wesen des § 5 VVG, dass der Inhalt des Versicherungsscheins vorangegangenen Sondervereinbarungen vorgeht.

Es ist auch nicht erkennbar, dass bei Ausstellung des Versicherungsscheins ein Vorbehalt hinsichtlich individueller Abreden mit Mitversicherern gemacht werden sollte – die Ziffern 10.5 und 9.5 befassen sich mit den prozessualen Gesichtspunkten der Führungsklauseln und nicht etwa damit, dass vorliegend tatsächlich Vereinbarungen mit einzelnen Mitversicherern geschlossen worden wären – und nur irrtümlich unterblieben wären. Denn für einen Irrtum der Handelnden über dasjenige, was in den Versicherungsschein aufzunehmen war, ist nichts ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin oder die Streithelferin erkannt hätten, dass wirklich etwas anderes gewollt gewesen wäre (vgl. dazu Prölss/Martin § 5 VVG Rz 9).

Dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Versicherungsschein, wie die Beklagte vorträgt, von der Streithelferin erstellt und der S zur Unterschrift zugeleitet worden sein soll. Entscheidend ist, dass es sich um den Versicherungsschein des führenden Versicherers handelt. Im Übrigen war auch im Rahmenvertrag, den die Beklagte mit der Streithelferin abgeschlossen hatte (Anlage B 7 = Bl. 32 AK II) vorgesehen, dass die Dokumente durch die Streithelferin ausgefertigt werden.

Ferner kann der Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass § 5 VVG hier deshalb keine Anwendung fände, weil ein Versicherungsvertrag bereits am 17.12.2008 geschlossen worden sei. Denn in den Anwendungsbereich des § 5 VVG gehört auch der Fall, dass der Versicherungsschein von getroffenen Vereinbarungen abweicht, worunter auch fällt, dass der Vertrag zu einem früheren Zeitpunkt auf andere Weise als durch den Versicherungsschein zustande gekommen ist (Prölss/Martin § 5 VVG Rz 6).

Wie bereits oben unter I 4 b cc im Einzelnen dargelegt, kann die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass sich der mit ihr am 17.12.2008 zustandegekommene Versicherungsvertrag allein auf eine vorläufige Deckung bezogen habe, dass sich der Versicherungsvertrag des Konsortiums auf eine endgültige Deckung bezogen habe und dass sie selbst die Entscheidung über eine endgültige Deckung bis zur Vorlage des Besichtigungsbericht der S habe hinausschieben wollen.

3.

Damit erweist sich die Hilfswiderklage der Beklagten als unbegründet.

IV.

Da sich die Entscheidung des Senats nicht auf solchen Tatsachenstoff stützt, der erstmals in den Schriftsätzen der Streithelferin vom 28.10.2010 (Bl. 438 ff d.A.) und der Klägerin vom 02.11.2010 (Bl. 461 ff d.A.) enthalten ist, bestand keine Veranlassung, der Beklagten eine Gelegenheit zur Erwiderung einzuräumen.

V.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind solche des Einzelfalls.