Risikogeschäfte und unangemessene Risiken


OLG Jena Urteil vom  08.08.2000
Aktenzeichen: 8 U 1387/98
Fundstellen:

DStR 2001, 863 (amtl. Leitsatz)

GmbHR 2001, 243 (amtl. Leitsatz)

NZG 2001, 86-88

In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichtes in Jena
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krueger,
die Richterin am Oberlandesgericht Lindemann-Proetel und
den Richter am Landgericht Linsmeier
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2000
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 31.07.1998 – AktZ. 1 HO 67/97 – wie folgt abgeändert und neu gefaßt:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 292.970,71 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 27.02.1997 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

  2. II.

    Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/10 und der Beklagte 9/10 zu tragen.

  3. III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 380.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Beide Parteien können die Sicherheit durch eine schriftliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines öffentlichen Kreditinstituts leisten.

  4. IV.

    Die Beschwer der Klägerin wird auf 32.706,72 DM festgesetzt. Die Beschwer des Beklagten wird auf 292.970,71 DM festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die in … Autohaus betreibt, hat erstinstanzlich vom Beklagten Schadensersatz aus mehreren Geschäftsvorgängen verlangt, die der Beklagte während seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin abgewickelt hat. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, nämlich insoweit, als der Beklagte zwei Exportgeschäfte nach Litauen und Tschechien abgewickelt hat. Das Landgericht hat eine Pflichtverletzung des Beklagten darin gesehen, dass er die Kaufpreisansprüche gegen die ausländischen Kunden nicht hinreichend abgesichert habe, woraus der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

2

Der Beklagte, der auch Gründungsmitgesellschafter der Klägerin war, war in der Zeit vom 24.06.1991 bis zum 15.10.1996 alleiniger Geschäftsführer der Klägerin. Laut seinem Anstellungsvertrag gehörte zu seinen Pflichten, dass er die Bestimmungen des Vertragshändlervertrages zwischen der Klägerin und der … AG beachtete.

3

In der Zeit von Oktober 1992 bis April 1994 wickelte er zwei Exportgeschäfte ab, die den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bilden. Es handelt sich um das sog. “… Geschäft”, bei dem es um Fahrzeugexporte nach … geht, und um das sog. “…-Geschäft”(letzteres auch “…-Geschäft” genannt), bei dem es um Exporte … Fahrzeuge nach … geht die der Beklagte über seinen Bruder … der in … ein Autohaus betreibt, eingekauft hatte.

4

Die übrigen Geschäftsvorfälle, deretwegen die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatz geltend gemacht hat, stehen im zweiten Rechtszug nicht mehr im Streit. Sie umfassen einen Teilbetrag von 27.352,10 DM. Dies betrifft die Vorgänge “…” und “…”, deretwegen das Landgericht die Klage rechtskräftig abgewiesen hat, und den Vorgang “Rechtsanwalt …”, den das Landgericht durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil entschieden hat.

5

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorgangs “… Geschäft” teilte der mit der Prüfung des Jahresabschlusses der Klägerin für das Jahr 1993 beauftragte Wirtschaftsprüfer Dr. Ganteführer aus Düsseldorf dem Mitgesellschafter der Klägerin, … mit Schreiben vom 08.04.1994 mit, dass die entsprechenden Exportgeschäfte zu erheblichen Forderungsaußenständen geführt hätten, die ungesichert seien. Hinsichtlich des “… Geschäfts” teilte er mit, dass auf dem Firmengelände in …42 Gebrauchtfahrzeuge ungenutzt herumstünden, die für einen Verkauf nach … vorgesehen gewesen seien, der gescheitert sei.

6

Der Mitgesellschafter Dr. … forderte den Beklagten mit Schreiben vom 14.04.1994 auf, auf der für den 20.04.1994 anberaumten außerordentlichen Gesellschafterversammlung in … hierzu Stellung zu nehmen.

7

Dort sind die Vorfälle erörtert worden. Hierbei stellte sich als unstreitig heraus, dass der Beklagte die Exportgeschäfte nach … und … getätigt hatte. In der Folgezeit stritten die Parteien darum, ob der Beklagte anläßlich dieser Geschäfte seine Geschäftsführerpflichten verletzt hatte und ob der Klägerin daraus ein Schaden entstanden war. Der Beklagte sagte zu, dass er die noch in … befindlichen nicht bezahlten Fahrzeuge und Ersatzteile nach Deutschland zurücktransportieren werde. Dies geschah auch.

8

Auf einer weiteren, auf den 25.05.1994 anberaumten Gesellschafterversammlung bezifferte der Beklagte die noch ausstehenden Zahlungen aus dem …-Geschäft auf 260.700,00 DM.

9

Hinsichtlich des “…-Geschäfts” schlug er vor, ihm eine angemessene Frist zu setzen, nämlich bis zum 31.10.1994, um die Gebrauchtfahrzeuge vollständig und schadensfrei verkaufen zu können. Die Gesellschafter stimmten dem zu. Weiterhin verpflichtete sich der Beklagte, die zum 01.11.1994 festzustellenden Ausfälle aus dem An- und Verkauf dieser Gebrauchtwagen persönlich zu übernehmen, einschließlich der Zinsausfälle im Zeitraum zwischen Ankauf und Verkauf. Als Zinssatz vereinbarten die Parteien 6 %. Der Schaden der Klägerin sollte auf den Stichtag 01.11.1994 durch den Wirtschaftsprüfer Dr. … festesgtellt werden.

10

Mit Schreiben vom 23.08.1994 kündigte der Beklagte nunmehr seinen Anstellungsvertrag fristgemäß zum 31.08.1995.

11

Auf einer weiteren, am 11.11.1994 stattfindenden Gesellschafterversammlung erörterten die Gesellschafter die zwischenzeitliche Schadensentwicklung aus dem … und …-Geschäft. Der Beklagte teilte mit, dass die Fahrzeuge aus dem … Geschäft bis auf die Ersatzteile zurücktransportiert worden seien. Aus diesem Geschäft bestehe zur Zeit ein Minus von ca. 250.000,00 DM.

12

Hinsichtlich des …-Geschäfts seien bis auf 4 Fahrzeuge alle verkauft worden. Drei davon seien wiederum “so gut wie” verkauft. Der entstandene Schaden belaufe sich auf ca. 100.000,00 DM.

13

Unter Hinweis auf die Niederschrift der vorangegangenen Gesellschafterversammlung vom 25.05.1994 bekräftigte der Beklagte seine uneingeschränkte persönliche Einstandspflicht.

14

Die Gesellschafter beschlossen, Ersatzansprüche der Gesellschaft aus dem …-Geschäft und dem …-Geschäft gegenüber dem Beklagten geltend zu machen.

15

Mit Schreiben vom 30.01.1995 teilte nunmehr der Wirtschaftsprüfer Dr. … mit, dass der Schaden aus dem …-Geschäft 227.152,85 DM betrage und der Schaden aus dem … Geschäft 98.524,59 DM. Er fügte entsprechende Schadensaufstellungen bei. Die beiden Beträge ergeben die Klageforderung, soweit sie im zweiten Rechtszug noch im Streit steht.

16

Auf einer weiteren Gesellschafterversammlung vom 09.02.1995 erörterten die Gesellschafter die Zusammensetzung des Schadens. Es fanden ferner Vergleichsgespräche statt. Im März 1995 trafen die Parteien eine Vergleichsvereinbarung mit Datum vom 16.03.1995/13.04.1995. Hiernach nahm der Beklagte seine Kündigung zurück. Im Gegenzug erklärten die übrigen Gesellschafter sich bereit, ihn von den Vorwürfen freizustellen, sofern er in den Folgejahren 1995 bis 1997 bestimmte Mindestgewinne erwirtschaften werde.

17

Der Beklagte erwirtschaftete die Mindestgewinne nicht.

18

Mit Schreiben vom 10.10.1996 kündigte die Klägerin nunmehr an, gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus dem …-Geschäft und dem … Geschäft geltend zu machen. Sie wies darauf hin, dass der Beklagte die zwischen den Parteien im März 1995 getroffene Vereinbarung nicht erfüllt habe.

19

Mit Schreiben vom 15.10.1996 legte der Beklagte nunmehr erneut sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder und kündigte seinen Anstellungsvertrag fristlos.

20

Bei einer auf den 19.06.1997 anberaumten Gesellschafterversammlung beschlossen die Gesellschafter – die zwischenzeitlich zum überwiegenden Teil gewechselt hatten – in Abwesenheit des ordnungsgemäß geladenen Beklagten, dass gegen ihn Schadensersatzansprüche der Klägerin aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hinsichtlich des …-Geschäfts und des …-Geschäfts geltend gemacht werden sollen.

21

Der Beklagte trat aufgrund weiterer Kündigung vom 13.01.1997 zum 31.12.1997 aus der Gesellschaft aus.

22

Die Klägerin hat vorgetragen:

23

Sie mache gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus §§ 43 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB geltend. Der Beklagte habe bei allen streitbefangenen Geschäftsvorfällen seine Pflichten als Geschäftsführer der Klägerin schuldhaft verletzt und dadurch der Klägerin Schaden zugefügt. Insbesondere habe er markt- und branchenwidrige Spekulationsgeschäfte in … und … durchgeführt, ohne die erforderliche kaufmännische Vorsicht walten zu lassen. Jene Geschäfte seien als ungewöhnliche Geschäfte im Sinne von § 6 Ziff. 6 des Gesellschaftsvertrages anzusehen und seien von einer vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig gewesen, die nicht eingeholt worden sei. Die Geschäfte seien angesichts ihrer Risikobehaftetheit nicht zustimmungsfähig gewesen. Der Beklagte habe gegen die ihm gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG obliegenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Geschäftsmannes verstoßen. Er habe Schäden riskiert, die durch das Stammkapital von 500.000,00 DM nicht mehr gedeckt gewesen seien. Die Gesellschafter hätten davon erstmals durch das Schreiben des Wirtschaftsprüfers vom 08.04.1994 erfahren.

24

Der Beklagte sei verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Er habe diese Pflicht auf den Gesellschafterversammlungen vom 25.05.1994, 11.11.1994 und 09.02.1995 bereits anerkannt.

25

Sie mache folgende Schäden gegen ihn geltend:

1. aus dem Litauen-Geschäft: 227.152,85 DM
2. aus dem Kretter-Kretter-Geschäft: 98.524,59 DM
3. aus den übrigen Vorgängen (nicht mehr im Streit) 27.352,10 DM
zusammen 353.029,54 DM
26

Der letztgenannte Betrag stelle die Klageforderung dar.

27

Der Beklagte befinde sich seit dem 15.10.1996 im Verzug, weil er an diesem Tag sein Amt niedergelegt habe.

28

Die Gesellschafter hätten spätestens durch einen Beschluß vom 19.06.1997 die vorliegende Klageerhebung beschlossen. Zu dieser Zeit sei die … AG Mehrheitsgesellschafterin der Klägerin gewesen.

29

Die Klägerin nehme Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe in Anspruch, den sie mit 10 % verzinsen müsse.

30

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 353.029,54 DM nebst 10 % Zinsen aus 325.677,44 DM seit dem 15.10.1996 und aus weiteren 27.352,10 DM seit dem 21.08.1997 zu zahlen.

31

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

32

Der Beklagte hat vorgetragen:

33

Die Klage sei unzulässig. Denn es liege kein wirksamer Gesellschafterbeschluß über die Erhebung der Klage vor. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei eine neue Gesellschafterin, nämlich die …-GmbH in die Firma eingetreten gewesen. Die vorherigen Gesellschafter – mit Ausnahme des Beklagten – seien ausgetreten gewesen und hätten ihre Anteile an die eintretende Firma durch Vertrag vom 07.08.1995 veräußert gehabt. Der frühere Gesellschafterbeschluß vom 11.11.1994 habe daher die Klageerhebung nicht mehr gedeckt. Soweit die Klägerin einen weiteren Gesellschafterbeschluß vom 19.06.1997 vorgelegt habe, sei dieser nicht wirksam zustandegekommen. Denn es habe eine Vollmacht der Gesellschafterin … -GmbH für den Versammlungsleiter Dr. … gefehlt. Es sei außerdem nicht ersichtlich, in welcher Weise die Firma … überhaupt mitgewirkt habe.

34

Er habe keine Pflichtverletzungen begangen. Die beiden … und … …-Exportgeschäfte seien branchenüblich gewesen und stellten keine außergewöhnlichen Geschäfte im Sinne von § 6 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrages dar. Eine Zustimmung der Gesellschafter sei nicht erforderlich gewesen. Letztlich seien die Geschäfte auch vom Unternehmensgegenstand gedeckt gewesen. Aus der Anlage IV der Bilanz des Jahres 1992, die den Gesellschaftern der Klägerin bekannt gewesen sei, ergebe sich, dass die Gesellschaft für das Jahr 1993 geplant gehabt habe, zusätzliche Anstrengungen zur Erschließung osteuropäischer Märkte zu unternehmen. Die Bilanz für das Jahr 1993 weise die daraus entstandenen Auslandsforderungen in Höhe von 718.376,90 DM aus. Sie sei von den Gesellschaftern genehmigt worden. Die Geschäfte seien somit insgesamt von den Gesellschaftern gebilligt worden. Pflichtverletzungen des Beklagten und ein Schaden lägen nicht vor. Die von ihm unterzeichnete Erklärung im Protokoll vom 25.05.1994 sei allenfalls ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Dieses sei unwirksam, da es sich nicht auf bestehende Ansprüche beziehe. Die Klägerin habe dem Beklagten hinsichtlich der Geschäftsjahre 1992 und 1993 Entlastung erteilt. Darin sei ein Verzicht auf die Schadensersatzansprüche zu sehen. Das Gericht möge der Klägerin aufgeben, die entsprechenden Protokolle der diesbezüglichen Gesellschafterversammlungen vorzulegen.

35

Die Klägerin habe den geltend gemachten Schaden noch nicht substantiiert dargelegt. Es genüge nicht, auf das Gutachten des Wirtschaftsprüfers Dr. … Bezug zu nehmen.

36

Insbesondere bestreite er hinsichtlich des …-Geschäfts:

  • den ausgewiesenen Bruttogewinn in Höhe von 171.925,52 DM, welcher tatsächlich höher gelegen habe
  • die Frachtkosten
  • die pauschal eingestellten Aufbereitungskosten in Höhe von 185,00 DM pro Fahrzeug
  • die Pos. “Sonstiges” in Höhe von 21.160,00 DM,
  • die gänzlich unbegründeten Zinsen in Höhe von 104.873,37 DM
  • die durchschnittlich in Ansatz gebrachten 119 Standtage pro Fahrzeug, die keinen schadensbegründenden Umstand darstellten. Der Gebrauchtwagenreport der …-AG vom 31.07.1994 weise sogar durchschnittlich 171 bis 189 Standtage aus.
37

Die aufgetretenen Verkaufs- und Zinsverluste seien im Gebrauchtwagenhandel branchenüblich.

38

Die Schadensberechnung der Klägerin berücksichtige nicht die steuerlichen Vorteile, die dadurch eingetreten seien, dass die Klägerin ihren Schaden bilanziell abgeschrieben habe.

39

Bis Herbst 1993 seien die Geschäftsbeziehungen zu … gewinnbringend gewesen. Erst hernach sei es zu Zahlungsschwierigkeiten gekommen, woraufhin die Fahrzeuge nach vergeblichen Versprechungen der … Seite im April/Mai 1994 zurückgeholt worden seien. Auch die Ersatzteile seien zurückgeholt worden. Letztlich sei aus dem … Geschäft sogar ein Gesamtgewinn in Höhe von 171.925,52 DM entstanden, der, vermindert um die Verluste aus dem … Geschäft noch zu einem Überschuß geführt habe. Somit habe die Klägerin gar keinen Schaden erlitten.

40

Das …-Geschäft sei im übrigen durch den Bundesverband mittelständischer Wirtschaft vermittelt worden. Dieses habe den … Geschäftspartner als seriös dargestellt. Dieser, mit Namen … sei vormals stellvertretender Landwirtschaftsminister … gewesen. Er habe über beste Kontakte zu weiteren osteuropäischen Geschäftspartnern verfügt. Der Beklagte habe die Fahrzeuge und Ersatzteile im Wege der Kommission nach … geliefert, was besonderer Vorsicht entsprochen habe.

41

Ebenso bestreite er den behaupteten Verlust aus dem … Geschäft. Dieses habe er so geführt, dass der Bruder des Beklagten die Fahrzeuge in … gekauft habe, um sie dann an die Klägerin zum Selbstkostenpreis weiterzuverkaufen. Der Bruder habe für seine Tätigkeit lediglich 250,- DM pro Fahrzeug erhalten. Gegenüber dem … Autohändler habe der Beklagte auf Vorkasse bestanden. Als diese nicht eingegangen sei, habe er in … nach der Bonität des Abnehmers geforscht, hierbei aber keine negativen Erkenntnisse erhalten. Erschwerend sei hinzugekommen, dass das Land … Jahre 1993 die Einfuhrzölle erhöht habe. Die Fahrzeuge seien letztlich anderweitig verkauft worden, jedoch – trotz intensiver Bemühungen – ohne Gewinn.

42

Ohne die getätigten Ostgeschäfte würde das Betriebsergebnis der Klägerin noch negativer ausgefallen sein.

43

Die Klägerin habe ihre angeblichen Schadensersatzansprüche schon dadurch befriedigt, dass sie im Jahre 1994 die dem Beklagten zustehenden Tantiemenansprüche aus dem Anstellungsvertrag mit ihren Schadensersatzansprüchen verrechnet habe.

44

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … (Steuerberater der Klägerin) und … (Buchhalter der Klägerin). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19.06.1998 (Bl. II/90 – II/99 d.A.) Bezug genommen.

45

Das Landgericht hat am 31.07.1998 folgendes Endurteil erlassen:

46

1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 325.677,44 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 15.10.1996 zu zahlen.

47

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

48

2.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 7 % und der Beklagte 93 % zu tragen.

49

3.
(Vorlf. Vollstr.)

50

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG in der geltend gemachten Höhe aus den …-Geschäften und aus dem Kretter-… Geschäft habe. Der Beklagte habe insoweit seine Pflichten als ordentlicher Kaufmann verletzt. Hinsichtlich des …-Geschäfts liege die Pflichtverletzung darin, dass der Beklagte die Fahrzeuge exportiert habe, ohne die Kaufpreisansprüche der Klägerin abzusichern. Eine Absicherung sei insbesondere deshalb erforderlich gewesen, da es sich um Exporte in ein osteuropäisches Land an einen dort bis dahin unbekannten Geschäftspartner gehandelt habe, dessen Zuverlässigkeit der Beklagte nicht überprüft gehabt habe. Weiterhin sei eine Absicherung deshalb erforderlich gewesen, weil die erst kurz zuvor gegründete Klägerin in dieser Zeit noch nicht in ihrer Liquidität gefestigt gewesen sei. Außerdem sei eine Absicherung erforderlich gewesen, da der Wert der Fahrzeuge das Stammkapital der Klägerin weit überschritten habe. Der Beklagte habe die Vermögenssituation der Klägerin und die Risikobehaftetheit der …-Geschäfte gekannt. Die Klägerin habe ihren Schaden durch das Gutachten des Wirtschaftsprüfers Dr. … und durch die Zeugen … und … bewiesen.

51

Der Schaden könne nicht mit Gewinnen aus früheren Jahren verrechnet werden.

52

Der Beklagte habe seine Pflichten als Geschäftsführer auch bei dem … verletzt. Er habe hier Fahrzeuge aus … importiert, um sie für ein unsicheres Geschäft in … zu verwenden. Die Klägerin habe auch insoweit ihren Schaden bewiesen.

53

Die Klägerin könne den Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wirksam geltend machen, da ein entsprechender Gesellschafterbeschluß vorliege.

54

Da die Haftung des Beklagten sich aus § 43 Abs. 2 GmbHG ergebe, komme es nicht darauf an, ob der Beklagte seine Ersatzpflicht bereits anerkannt habe.

55

Der Zinsanspruch der Klägerin sei nur in Höhe von 4 % begründet, da diese einen höheren Verzugsschaden nicht nachgewiesen habe. Der Zinsbeginn sei auf den 15.10.1996 festzulegen, da der Beklagte zu diesem Zeitpunkt seine Geschäftsführertätigkeit aufgegeben habe und dadurch zum Ausdruck gebracht habe, dass er die klägerischen Schadensersatzansprüche ablehne. Gegen das – ihm am 04.08.1998 zugestellte – Urteil des Landgerichts Gera vom 31.07.1998 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 04.09.1998, eingegangen am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.11.1998 – mit Schriftsatz vom 12.11.1998, eingegangen am 13.11.1998, begründet.

56

Der Beklagte trägt vor:

57

Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin das … Geschäft gekannt und gebilligt habe, denn es sei in der Bilanz 1992 ausdrücklich erwähnt gewesen, Dr … habe den Beklagten am 11.08.1992 zu einer Versammlung auf den 25.09.1992 in … eingeladen, um Vorschläge zum Thema “Export von Gebrauchtwagen” einzuholen. Ein ungesicherter Export nach Litauen könne nicht als unüblich angesehen werden. Dieses habe die IHK … in einem Schreiben 04.11.1998 bestätigt. Danach sei eine Absicherung durch Hinterlegung einer Bankbürgschaft mit hohen Kosten verbunden gewesen, die das Geschäft unrentabel gemacht haben würde. Aus diesem Grund sei der Export ohne Sicherung durchgeführt worden. Das …-Geschäft sei letztlich daran gescheitert, dass mehrere … Banken damals in Konkurs gefallen seien, was nicht vorherzusehen gewesen sei.

58

Er lege ein Schreiben des Thüringer Büros der Wirtschaft in … vom 05.11.1998 vor. Daraus ergebe sich, dass es üblich gewesen sei, Exporte lediglich mit Lieferantenkrediten zu verbinden. Aus einem weiteren Schreiben der IHK Ostthüringen v. 06.11.1998 ergebe sich, dass die international üblichen Zahlungsabsicherungen bei Lieferungen in das … mangels konvertierbarer Währung, funktionierenden Bankensystems und mangels entsprechender Außenwirtschaftsgesetze nicht durchführbar gewesen seien. Die einzige Zahlungsabsicherung habe in der Vorkasse bestanden, welche aber den Export gehemmt haben würde. Daher sei es üblich gewesen, ungesicherte Lieferantenkredite zu gewähren. Dies sei auch heute noch üblich. Der Beklagte habe mit dem … Geschäftspartner Autozentrum …, Inh … einem angesehenen … Geschäftsmann, Zahlung bei Lieferung vereinbart gehabt. Andere deutsche Autohändler hätten dies ebenso gehandhabt.

59

Der Beklagte habe sich durch persönliche Besuche von der Bonität des litauischen Geschäftspartners überzeugt gehabt und gute Referenzen erhalten gehabt. Die Geschäftsbeziehung sei durch den Bundesverband mittelständischer Wirtschaft, Kreisgeschäftsstelle … angebahnt worden. Die Geschäftsbeziehung habe sich anfangs gewinnträchtig entwickelt, was vom Landgericht nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Die … Bank “…”, die mittlerweile mit einem Schuldenmoratorium belegt worden sei, habe am 14.08.1992 eine Anlaufbürgschaft in Höhe von 300.000,- DM gewährt gehabt.

60

Die …-AG habe beabsichtigt, … als Generalimporteur für … zu gewinnen. Dies habe jedoch die Errichtung eines repräsentativen Autohauses in … vorausgesetzt. Wegen der hohen Investitionskosten dieses Autohauses habe … schließlich die Fahrzeuglieferungen nicht mehr bezahlen können. Der Beklagte habe jedoch weiterhin von der Seriosität seines litauischen Geschäftspartners ausgehen dürfen. Dieser sei zwar später in Konkurs gefallen, jedoch nur deshalb, weil seine Hausbank “…”, die eine Korrespondenzbank der Deutschen Bank gewesen sei, ebenfalls in Konkurs gefallen sei. Außerdem sei … wegen eines Zollvergehens mit einer Strafe von 140.000,- litas belegt worden. Ferner hätten die Kunden die gelieferten Fahrzeuge nicht mehr bezahlt, was den Schaden erhöht habe.

61

Der Beklagte habe sodann weitere Fahrzeuglieferungen gestoppt und die bereits gelieferten Fahrzeuge und Ersatzteile zurückgeholt.

62

Er habe seine Pflichten als ordentlicher Kaufmann erfüllt und keine über das übliche Maß hinausgehenden Risiken verursacht.

63

Er habe einen Schaden aus dem …-Geschäft auch nicht billigend in Kauf genommen.

64

Die Klägerin habe ihren Schaden nicht nachgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, welche Belege der Zeuge … gemeint habe.

65

Der Zinssatz von 10 % für die Standzeiten sei nicht nachgewiesen. Hinsichtlich des … mit der Fahrgestellnummer … könne ein Zinsschaden nicht entstanden sein, da dieses Fahrzeug vom … Geschäftspartner bereits am 23.02.1994 bezahlt worden sei, während es von der Klägerin erst am 03.03.1994 gekauft worden sei. Eine Kreditierung dieses Exportes sei daher gar nicht erforderlich gewesen. Gleichwohl habe das Landgericht seine Überzeugung maßgeblich auf diesen Geschäftsvorfall gestützt, was nicht ausreichend sei.

66

Der Beklagte verfüge über keine Unterlagen mehr, um die Schadensberechnung im übrigen substantiiert bestreiten zu können. Die Unterlagen befänden sich bei der Klägerin.

67

Dadurch, dass die Gesellschafter sich am 25.05.1994 darauf verständigt hätten, dass der Wirtschaftsprüfer den Schaden ermittele, sei kein Schiedsgutachtenvertrag mit der Klägerin zustandegekommen.

68

Der Beklagte habe auch kein Schuldanerkenntnis abgegeben.

69

Die Bürgschaft vom 14.08.1992 könne er nicht im Original vorlegen. Das Original müsse sich in den Unterlagen der Klägerin befinden. Er lege sie daher nur in Kopie vor. Er lege aber zusätzlich eine Bestätigung der Litimpex Bankas vom 06.05.1999 vor, aus der sich ergebe, dass die Bürgschaft vom 14.08.1992 existiert habe.

70

Die vermeintlich als dilettantisch erscheinende orthographische Bezeichnung der Bürgin als “Litimpex Bankas” einerseits und “Litimpeks Bankas” andererseits sei dadurch zu erklären, dass die nationale und internationale Schreibweise unterschiedlich sei, was die Deutsche Bank AG in einem Schreiben vom 15.10.1999 bestätigt habe. Das Büro der Thüringer Wirtschaft in … habe in einem Schreiben vom 13.10.1999 außerdem mitgeteilt, dass der Name der Bank in “Litimpeks. Bankas” abgeändert worden sei. Ferner ergebe sich aus dem “Internet”, dass die Litimpeks-Bank die viertgrößte Bank … sei und nach wie vor existiere. Sie sei unter Beteiligung der Regierung … gegründet worden.

71

Hinsichtlich des …-Geschäfts, bei welchem der Beklagte Fahrzeuge aus … importiert habe, um diese nach … weiterzuverkaufen, habe er eine Bankauskunft hinsichtlich des … Vertragspartners Firma …, Inh. … eingeholt gehabt, jedoch keine negativen Auskünfte erhalten gehabt. Die Firma … habe die zunächst gelieferten 15 Fahrzeuge im Wert von ca. 200.000,- DM auch bezahlt gehabt. Als später eine Zahlung ausgeblieben sei, habe der Beklagte auf der sofortigen Bezahlung bestanden und die weitere Auslieferung von Fahrzeugen unterbunden. Dadurch habe er ebenfalls keine Pflichten verletzt.

72

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts … vom 31.07.1998, AktZ. 1 HO 67/97, dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.

73

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

74

hilfsweise,

festzustellen, dass die Urkunden vom 14.08.1992 und 06.05.1999 unecht seien.

75

Die Klägerin trägt vor:

76

Das Urteil des Landgerichts sei nicht zu beanstanden.

77

Hinsichtlich des neuen Sachvortrags des Beklagten, insbesondere hinsichtlich der nachgeschobenen Bürgschaft, rüge sie Verspätung. Sie bezweifle auch die Redlichkeit des Beklagten. Denn sie habe ihn anläßlich der Gesellschafterversammlungen vom 25.05.1994 und 11.11.1994 ausdrücklich danach gefragt, ob er die Exportgeschäfte nach … abgesichert habe, oder nicht. Der Beklagte habe eine Absicherung verneint (Beweis: Zeuge Dr. … Bl. III/170; Zeuge RA … I, Bl. III/212).

78

Das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit dem …-Geschäft habe dazu geführt, dass die Gesellschafter der Klägerin gegenüber der Hypo-vereinsbank … eine Bürgschaft in Höhe von 1,4 Mio. DM hätten übernehmen müssen, um nicht den Konkurs der Klägerin anmelden zu müssen. Dies zeige, in welcher Weise der Beklagte die Klägerin in Gefahr gebracht habe.

79

Da die Klägerin ein kleines mittelständisches Unternehmen sei, habe das …-Geschäft der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurft, die nicht eingeholt worden sei.

80

Der Beklagte habe die Gesellschafter ordnungsgemäß und vollständig vom …-Geschäft, insbesondere von dem laufenden Anwachsen des ungesicherten Forderungsaußenstandes unterrichten müssen, was er nicht getan habe. Erst der Wirtschaftsprüfer Dr. … habe insoweit Alarm geschlagen. Erst dann hätten die Gesellschafter notwendige Maßnahmen zur Rettung des Unternehmens einleiten können. Dem Beklagten sei später die Chance gegeben worden, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Der Beklagte habe das …-Geschäft nur gegen Barkasse oder Bankbürgschaft durchführen dürfen.

81

Der Beklagte habe zu dem Zollvergehen der Fa. … dadurch beigetragen, dass er die Fahrzeuglieferungen zum Zwecke der Umgehung der Export-bestimmungen fakturiert habe, statt sie als Kommissionslieferungen zu deklarieren.

82

Die … AG habe es der Klägerin verboten gehabt, Neufahrzeuge in das Ausland zu liefern. Dieses Verbot habe der Beklagte mißachtet.

83

Die Klägerin verfüge über keinerlei weitere Unterlagen.

84

Sie bestreite die Echtheit, Existenz und Wirksamkeit der Bürgschaft vom 14.08.1992. Diese trage keine ordnungsgemäße Adressierung und keinen Eingangsvermerk der Klägerin. Das gleiche gelte für das Begleitschreiben vom 14.08.1992. Die Bürgschaft nehme auf ein “Vertragsprotokoll vom 24.06.1992” Bezug, welches nicht vorgelegt worden sei. Das Begleitschreiben erwähne undurchsichtige Holz- und Lederexporte. Die Bürgschaft sei auch dilettantisch formuliert. Deren Vorlage sei verspätet. Dies alles gelte ebenso für die Bestätigung vom 06.05.1999.

85

Der Schadensposten “Forderungsverluste” in Höhe von 231.525,- DM setze sich aus 14 Einzelpositionen zusammen und betreffe den Stand der nichtbezahlten Rechnungen der Firma … GmbH vom 02.01.1995.

86

Hinsichtlich der Aufschlüsselung nehme sie Bezug auf die Anlage K 26 (Bl. III/123 d.A.).

87

Hinsichtlich des …-Geschäfts habe der Beklagte den Kaufvertrag mit seinem Bruder bereits zur Vermeidung einer Interessenkollision nicht abschließen dürfen, jedenfalls sei dies nicht ohne eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung möglich gewesen. Dies sei gemäß § 67 i des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich so geregelt.

88

Der angebliche Zahlungseingang von 200.000,- DM sei nicht verbucht worden und werde bestritten. Die Klägerin verfüge auch insoweit über keinerlei weitere Unterlagen.

89

Der Beklagte habe eine verbindliche Kaufzusage des tschechischen Geschäftspartners nicht erhalten gehabt.

90

Der Beklagte habe gegen die Schadensaufstellung der Klägerin keinerlei substantiierte Einwendungen erhoben.

91

Der … sei von der …-AG an die Klägerin im Wege der Kommission verkauft worden. Daher sei die Rechnung erst nach der Verkaufsanzeige erstellt worden.

92

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

93

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen … von der Dresdner Bank … vom 19.04.2000. Hierauf wird Bezug genommen (Bl. IV/49-50 d.A.).

Entscheidungsgründe

94

I.

Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.

95

Sie ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO).

96

Sie ist zu einem geringen Teil auch in der Sache begründet. Im Übrigen hat das Landgericht aber der Klage mit Recht stattgegeben.

97

Die Klage ist zulässig.

98

Es ist keine Frage der Zulässigkeit der Klage, ob ein Gesellschafterbeschluß gemäß § 46 Nr. 8, 1. Fall GmbHG gefaßt war. Dies ist vielmehr eine Frage der Begründetheit (Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl. 1997, § 46 RdNr. 97).

99

Ein Beschluß gemäß § 46 Nr. 8, 2. Fall GmbHG über die Bestellung eines besonderen Prozeßvertreters der Klägerin war nicht erforderlich, da diese einen neuen Geschäftsführer hat, der sie im Rechtsstreit gegen den Beklagten vertritt (Brandenburgisches OLG, OLGR 1998, 211 ff. [213] = NJW-RR 1998, 1196 f.; Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 46 RdNr. 102; Scholz/Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Aufl. 1995, § 46 RdNr. 167; Goette, Die GmbH nach der BGH-Rechtsprechung, München 1997, § 7 RdNr. 13). Als neuer Geschäftsführer der Klägerin tritt vorliegend … auf. Dass er wirksam bestellt worden ist, ist zwischen den Parteien kein Streitpunkt. Soweit die Klägerin in der Zeit bis zum Auftreten von … von dem Geschäftsführer … gerichtlich und außergerichtlich vertreten worden ist, wäre auch insoweit ein Beschluß gemäß § 46 Nr. 8, 2. Fall GmbHG nicht erforderlich gewesen. Gleichwohl ist er auf der Gesellschafterversammlung vom 11.11.1994 gefaßt worden.

100

Die Leistungsklage ist nicht deshalb unbegründet, weil ein Gesellschafterbeschluß gemäß § 46 Nr. 8, 1. Fall GmbHG fehlen würde. Ein solcher fehlt nicht. Er ist ebenfalls auf der Gesellschafterversammlung vom 11.11.1994 gefaßt worden. Dort haben die Gesellschafter beschlossen, dass die vorliegend streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche aus dem … Geschäft und dem …-Geschäft gegen den Beklagten geltend gemacht werden sollen. Dieses “Geltendmachen” ist so auszulegen, dass es das gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachen umfaßt (Hachenburg/Hüffer, a.a.O., § 46 RdNr. 94).

101

Der Beschluß vom 11.11.1994 war wirksam. Sein Fortbestand hing nicht davon ab, dass die Gesellschafter dieselben geblieben waren. Denn maßgebend war nur, dass die Gesellschafter, die an dem Beschluß beteiligt waren, seinerzeit stimmberechtigt waren. Dies war der Fall und ist vom Beklagten auch nicht angegriffen worden. Ein einmal gefaßter wirksamer Gesellschafterbeschluß besteht fort, bis er durch eine abweichende Willensbildung aufgehoben wird. Eine abweichende Willensbildung ist vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr sollte der Prozeß gegen den Beklagten weitergeführt werden. Durch den später erfolgten Gesellschafterwechsel mußte der Beschluß – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht erneut gefaßt werden. Denn andernfalls würde jeder Gesellschafterwechsel das Vertrauen des Rechtsverkehrs in den Fortbestand der gesellschaftlichen Willensbildung erschüttern, was gesetzlich nicht gewollt ist.

102

Da der Beschluß vom 11.11.1994 gültig ist, kann es dahinstehen, ob der spätere Beschluß vom 19.06.1997, der ebenfalls die Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 46 Nr. 8, 1. Fall GmbHG zum Gegenstand hatte ebenfalls gültig ist.

103

Der Beklagte hat sowohl hinsichtlich des “…-Geschäfts”, als auch hinsichtlich des “….-Geschäfts” seine Pflichten als ordentlicher Geschäftsmann verletzt (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Die Klägerin hat gegen ihn daraus einen Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Die Frage, in welchen Fällen ein Geschäftsführer einer GmbH seine Pflichten verletzt, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (Hachenburg/Mertens, a.a.O., § 43 RdNr. 16). Zu diesen Umständen zählen zunächst die Art und Größe des Unternehmens, seine betriebswirtschaftliche und finanzielle Situation, aber auch die Bedeutung der Geschäftsführungsmaßnahme und das damit verbundene Risiko (Hachenburg/Mertens, a.a.O., § 43 RdNr. 16, 19, 24).

104

Dem Geschäftsführer ist jedoch ein unternehmerischer Spielraum zuzugestehen, der ihn ermächtigt, bestimmte Risiken einzugehen (Hachenburg/Mertens, a.a.O., § 43 RdNr. 19; Scholz/Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 43 RdNr. 44 ff., 150).

105

Beachtenswert kann ferner sein, ob dem Geschäftsführer etwa Aufgaben übertragen worden sind, zu deren Erfüllung er die zu beurteilende Geschäftsführungsmaßnahme getätigt hat (Hachenburg/Mertens, a.a.O., § 43 RdNr. 16, 19, 24).

106

Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Geschäftsführer über hinreichend individuelle Fähigkeiten für die Aufgabenerfüllung verfügt (Hachenburg/Mertens, a.a.O., § 43 RdNr. 16).

107

Vorliegend geht es um Exportgeschäfte, bei denen sich ein Risiko verwirklicht hat. Dieses Risiko bestand in der Möglichkeit, dass die ausländischen Kunden der Klägerin die bereitgestellten bzw. verkauften Fahrzeuge und Ersatzteile unter Umständen nicht abnehmen bzw. nicht bezahlen würden. Hinsichtlich etwaiger Risikogeschäfte hat der Geschäftsführer zu beachten, dass er unangemessene Risiken für seine Firma zu vermeiden hat (Hachenburg/Mertens, a.a.O. § 43 RdNr. 27; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 16. Aufl. 1996, § 43 RdNr. 15; Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 43 RdNr. 6; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 43 RdNr. 17). Ein erlaubtes Risiko geht er aber nicht schon dann ein, wenn zur Zeit der Vornahme des Geschäfts die bloße Wahrscheinlichkeit bestand, dass sich das Geschäft gewinnbringend auswirken würde (Hachenburg/Mertens, a.a.O.). Vielmehr ist zu berücksichtigen, ob der unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende negative Ausgang des beabsichtigten Geschäfts zu unangemessen hohen Risiken für den Bestand und die Entwicklung der Firma führen kann (Hachenburg/Mertens, a.a.O., unter Hinweis auf BGHZ 69, 207 ff. [BGH 04.07.1977 – II ZR 150/75] [213]). Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist zu bejahen, wenn die naheliegende Möglichkeit einer Schädigung bestand (Kust, WM 1980, 758 ff. [761] unter Hinweis auf BGH VersR 1975, 812). Gewagte Geschäfte sind aber nicht stets als unangemessen anzusehen (Hachenburg/Mertens, a.a.O.; Kust, WM 1980 758 ff. [760]). Zu beachten ist hierbei der Geschäftszweck der Firma und der Wille der Gesellschafter (Hachenburg/Mertens, a.a.O.). Stellt sich hierbei heraus, dass bei rechtzeitiger Information der Gesellschafter das Geschäft unterblieben wäre, so kann der Geschäftsführer in der Haftung stehen (Fleck, GmbH-Rundschau 1974, 224 f. [225]). Die Regeln sorgfältiger Unternehmensleitung gebieten ihm grundsätzlich, die im Rechts- und Geschäftsverkehr angemessenen und branchenüblichen Vorsichtsregeln einzuhalten. Dem widerspricht beispielsweise die leichtfertige Gewährung von Warenkrediten oder die Kreditgewährung ohne übliche Sicherheiten (Hachenburg/Mertens, a.a.O.).

108

… GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 43 RdNr. 17 fassen zutreffend wie folgt zusammen:

“Es muß im Regelfall wahrscheinlich sein, dass sich das in Frage stehende Verhalten als für die Gesellschaft vorteilhaft erweist (RGZ 129, 272, 275); Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn einem vergleichsweise geringfügigen Risiko eine besonders hohe Gewinnchance gegenübersteht. Aber auch bei Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts muß das Geschäft unterbleiben, wenn es im Falle seines Mißlingens zu einer erheblichen Gefährdung des Unternehmens führen würde (…).”

109

Zieht man bisherige Entscheidungen aus der Rechtsprechung heran, um die Pflichten eines Geschäftsführers einzugrenzen, so ist zu beachten, dass diese Entscheidungen jeweils vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalles ergangen sind und nicht verallgemeinert werden dürfen (so ausdrücklich Scholz/Schneider, GmbHG, 8. Aufl. 1993, § 43 RdNr. 79).

110

Betrachtet man die bisher ergangene Rechtsprechung zu den sog. Risikogeschäften, so finden sich folgende, vergleichbare Fälle: Leistungen auf Kredit sind dem Geschäftsführer nicht generell verboten, jedoch dann, wenn er die Bonität des Vertragspartners nicht hinreichend geprüft hat und nicht für die erforderliche Sicherheit der Firma Sorge getragen hat (Goette, a.a.O., § 8 RdNr. 122 unter Hinweis auf BGH WM 1981, 440 f.; ferner … GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 43 RdNr. 17). Dies gilt erst recht, wenn durch das Geschäft das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird (Goette, a.a.O., § 8 RdNr. 122 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 1986, 1293).

111

In einer Entscheidung aus dem Jahre 1968 hat der BGH einen Geschäftsführer zum Schadensersatz verurteilt, weil dieser dem Firmeninhaber nicht mitgeteilt hatte, dass die Kreditversicherung die Geschäfte mit dem ausländischen Kunden in Griechenland nicht mehr gedeckt hatte (BGH WM 1968, 1329).

112

Überträgt man die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so ergibt sich, dass der Beklagte hinsichtlich beider Geschäfte eine Pflichtverletzung begangen hat. Denn wenn er auch die Bonität des litauischen Abnehmers hinreichend nachgeprüft haben mag, so hat er die Verkäufe doch nicht hinreichend abgesichert gehabt. Die … Bürgschaft der Litimpex Bankas in Höhe von 300.000,- DM reichte dafür nicht aus. Dies hat die Beweisaufnahme vor dem Senat ergeben. Zwar hat der Sachverständige Föllmer die Echtheit der Bürgschaft vom 14.08.1992 (Bl. II/211) weder bestätigt, noch verneint. Jedoch hat er die Bürgschaft als solche nicht für ausreichend angesehen, da diese wegen ihres Inhalts nicht einer im Exportgeschäft üblichen Bürgschaft entspreche. Der Beklagte hatte dies behauptet. Der Sachverständige hat es in nachvollziehbarer Weise widerlegt. Der Beweisbeschluß erstreckte sich auf diese Frage. Nach den Feststellungen des Sachverständigen gewährleistet die vorliegende Bürgschaft nicht die übliche Inanspruchnahme auf erstes Anfordern. Denn darin sei ein “Vertragsprotokoll” erwähnt, dessen Inhalt nicht bekannt sei und dessen Auslegung somit eine Inanspruchnahme verzögern oder verhindern könne. Derartige Unklarheiten bestünden bei den üblichen Exportbürgschaften nicht. Die Bürgschaft weiche in ihrer Formulierung auch stark von den üblichen Standardtexten ab. Die Bezugnahme auf ein außerhalb der Urkunde bestehendes Vertragsprotokoll sei nicht üblich. Der Begünstigte sei aus der Bürgschaft infolge ihrer unzureichenden Formulierung nicht eindeutig zu erkennen.

113

Der Sachverständige hat abschließend festgestellt, dass die Bürgschaft aufgrund ihrer Formulierung eine ungehinderte Inanspruchnahme des Bürgen, wie sie im Exportgeschäft üblich sei, nicht sicherstelle.

114

Es kommt hinzu, dass der Beklagte zur Firmierung der Bürgin undurchsichtig vorgetragen hat. Zu der unterschiedlichen orthographischen Schreibweise der Bürgin als “Litimpex Bankas” einerseits und “Litimpeks Bankas” andererseits, hat er einerseits vorgetragen, dass dies eine unterschiedliche nationale und internationale Schreibweise sei. Andererseits hat er vorgetragen, dass die Bank ihren Namen in “Litimpeks Bankas” abgeändert habe. In diesem Sachvortrag liegen zwei sich widersprechende Varianten.

115

Der Beklagte hat auch nichts zum Inhalt des in der Bürgschaft genannten Vertragsprotokolls vorgetragen. Diesbezügliche Unklarheiten hat er somit nicht ausgeräumt.

116

Aus dem der Bürgschaft beigefügten Begleitschreiben vom 14.08.1992 ergeben sich weitere Unklarheiten, die der Beklagte nicht ausgeräumt hat. Darin wird die Bürgschaft in einen Zusammenhang mit Leder- und Holzexporten gestellt. Es ist daher fraglich, ob sie mit den streitgegenständlichen Fahrzeuglieferungen in Zusammenhang steht.

117

Der Senat ist von der Sachkunde des Sachverständigen überzeugt. Dieser ist Mitarbeiter einer Deutschen Großbank, die umfangreich im Auslandsgeschäft tätig ist. Der Senat hat keine Zweifel, dass der Sachverständige sein Gutachten aufgrund seiner entsprechenden Erfahrungen und seiner Sachkunde im Bankgeschäft erstellt hat.

118

Unerheblich ist der Einwand des Beklagten, dass eine solche Bürgschaft in … seinerzeit üblich gewesen sei. Denn dies ändert nichts daran, dass die Bürgschaft nach den Feststellungen des Sachverständigen als nicht ausreichend anzusehen ist. Der Beklagte hätte eine anderweitige Absicherung wählen müssen.

119

Oben ist bereits darauf hingewiesen worden, dass der Beklagte das Exportgeschäft mit den “üblichen” Sicherheiten hätte absichern müssen. Sofern ihm diese nicht bekannt waren, hätte er sich bei einer Bank entsprechend erkundigen müssen. Dass er dies getan habe, hat er nicht vorgetragen. Insoweit trägt er die Beweislast. Denn er muß sich von einem Verschulden, das in entsprechender Anwendung von §§ 93 Abs. 2 Satz 2 AktG, 34 Abs. 2 GenG vermutet wird, entlasten (BGH BB 1980, 1344 f.; DB 1974, 1619; OLG Koblenz, GmbHR 1999, 1201 [OLG Koblenz 12.05.1999 – 1 U 1649/97]; v. Gerkan, ZHR 1990, 39; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl. 2000, § 43 RdNr. 26).

120

Der Beklagte hatte aufgrund der zweifelhaften Form und des zweifelhaften Inhalts der litauischen Bürgschaft Anlaß, sich nach den im Exportgeschäft üblichen Sicherheiten zu erkundigen.

121

Aufgrund der letzten mündlichen Verhandlung vom 30.11.1999 geht der Senat von einer ausreichenden Schadensdarlegung der Klägerin hinsichtlich der Forderungsverluste aus. Der insoweit genannte Betrag in Höhe von 231.525,- DM ist in einer Aufstellung vom 02.01.1995 (Bl. III/23) näher aufgeschlüsselt worden. Der Beklagte hat hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Der Senat vermag ebenfalls die Aufstellung der Klägerin vom 31.12.1994 (Bl. 68 ff. d.A.) nachzuvollziehen. Auch dies ist im Termin am 30.11.1999 erörtert worden.

122

Auch die Zinsaufwendungen bei den Fahrzeugen sind substantiiert dargelegt. Der vom Kläger beauftragte Wirtschaftsprüfer hat in seinem Schreiben vom 30.01.1995 (Bl. I/64) ausgeführt, dass im Falle eines Verkaufs der Fahrzeuge in Deutschland keine Zinsverluste für die Klägerin eingetreten sein würden, da zum einen die Kaufpreise von den Kunden sofort bezahlt worden wären, zum anderen die Zinsaufwendungen mittels Finanzierung oder Leasing auf die Kunden abgewälzt worden wären.

123

Der Zinsschaden bei den Ersatzteilen ist allerdings nicht nachgewiesen und in diesem Punkt hat die Berufung Erfolg. Dies betrifft einen Betrag von 32.706,73 DM (Bl. I/72). Die Angaben des Zeugen … reichen insoweit nicht aus (Bl. II/96). Danach ist ein Schaden tatsächlich nicht entstanden, sondern nur fiktiv berechnet worden. Ein konkreter Finanzierungsaufwand der Klägerin ist nicht bewiesen. Der Zeuge hat erklärt, dass bei der Schadensberechnung von einem Zahlungsverzug von 120 Tagen ausgegangen worden sei, entsprechend dem durchschnittlichen Zahlungsverzug bei den Fahrzeugen. Dies reicht für einen konkreten Nachweis eines Verzugsschadens bei den Ersatzteilen nicht aus. Die Angaben erfüllen auch nicht die Voraussetzungen für eine abstrakte Schadensberechnung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Zahlungsverzögerungen bei den Fahrzeugen gewöhnlich auch bei den Ersatzteilen aufgetreten sind. Soweit in dem Gesellschafterversammlungsprotokoll vom 25.05.1994 eine Schiedsgutachtenvereinbarung enthalten ist, bindet diese insoweit nicht, da die Geltendmachung des Zinsschadens bei den Ersatzteilen eine offenbare Unbilligkeit im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB darstellt.

124

Die Kosten der Fahrzeugaufbereitungen in Höhe von 185,- DM je Fahrzeug sind von dem Zeugen … bestätigt worden (Bl. II/98). Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts.

125

Hinsichtlich der Pos. “Sonstiges” hat der Zeuge … bekundet, dass insoweit nachträglich Provisionen an den ausländischen Geschäftspartner gezahlt worden seien. Dies betrifft einen Betrag von 21.160,- DM. Der Beklagte hat nicht dargelegt, warum diese Zahlungen berechtigt gewesen sein sollen. Eine Vereinbarung über Provisionszahlungen hat er nicht dargelegt. Daher ist der Betrag als Schaden anzuerkennen.

126

Soweit sich aus dem Beschluß des erkennenden Senats vom 04.03.1999 eine andere Einschätzung der Schadensdarlegung ergeben hat, hält der Senat daran angesichts der Feststellungen des Wirtschaftsprüfers Dr. … nicht fest. Dies hat der Senat bereits im Termin am 30.11.1999 ausgeführt. Der vorgelegte …-Report v. 12.07.1994 reicht nicht aus, um abweichende Verzugszeiträume begründen zu können.

127

Die Parteien haben sich ausweislich des Gesellschafterversammlungsprotokolls vom 25.05.1994 einer Schadensfeststellung durch den Wirtschaftsprüfer als Schiedsgutachter unterworfen. Dieser hat in seinem Schreiben vom 30.01.1995 den Schaden festgestellt und entsprechende Aufstellungen beigefügt. Der Beklagte hat insoweit keine Gründe dargelegt, nach denen die Schadensaufstellung im Sinne von § 319 Abs. 1 BGB offenbar unbillig wäre.

128

Es ergibt sich ein zuzusprechender Betrag von 194.446,12 DM.

129

Hinzukommt der Schaden aus dem …-Geschäft. Dieser ist substantiiert dargelegt. Er beträgt 98.524,59 DM.

130

Hinsichtlich des …-Geschäfts hat der Beklagte seine Pflichten ebenfalls verletzt. Zwar liegt die Pflichtverletzung nicht schon darin, dass er überhaupt Exporte durchgeführt hat. Denn diese waren ihm jedenfalls hinsichtlich der Gebrauchtfahrzeuge nicht untersagt. Die Gesellschafter hätten sie genehmigt, wie die Bilanz 1992 und der sie genehmigende Beschluß vom 09.03.1994 zeigen.

131

Der Beklagte hat sich aber nicht ausreichend über die Zuverlässigkeit des tschechischen Abnehmers erkundigt und auch keinerlei Absicherung der Kaufpreisansprüche vorgenommen. Das …-Geschäft mußte sich ihm als so risikoreich darstellen, dass er es hätte ganz unterlassen müssen. Hinsichtlich der Nachforschung nach der Bonität des … Vertragspartners ist die vom Beklagten eingeholte Bankauskunft nicht ausreichend. Denn diese ist nicht aussagekräftig. Die Auskunft besagt, dass der Kunde bisher keinen Kredit erhalten habe und es mit ihm auch sonst keine Probleme gegeben habe. Daraus läßt sich nicht entnehmen, ob der tschechische Vertragspartner seinen Zahlungsverpflichtungen zuverlässig nachgekommen war.

132

Auf einen unbekannten Kunden, der sich nicht durch entsprechende Bonitätsreferenzen auswies, durfte sich der Beklagte nicht einlassen. Den Beklagten trifft ein Verschulden, da er die unzureichende Bonitätsprüfung ohne weiteres erkennen mußte und ihm auch die fehlende Absicherung bekannt war.

133

Der Beklagte hätte somit die …-Fahrzeuge nicht einkaufen dürfen. Dann hätte die Klägerin sie nicht zwischenzufinanzieren brauchen und es wäre kein Zinsschaden entstanden.

134

Der Beklagte kann nicht einwenden, dass die Klägerin diese Fahrzeuge im Inland ebenfalls nicht zu einem früheren Zeitpunkt hätte verkaufen können, so dass damit bei einem Inlandsverkauf der Zinsschaden ebenfalls entstanden wäre. Denn es ist davon auszugehen, dass der Beklagte die Italien-Fahrzeuge zusätzlich zu dem für den inländischen Verkauf bestimmten Lagerbestand eingekauft hat. Nach Aktenlage sind nämlich die … fahrzeuge ausschließlich für den Export bestimmt gewesen. Andernfalls könnte man dem Beklagten eine unnötige Lagerbestandshaltung und einen entsprechenden unnötigen Finanzierungsaufwand vorwerfen.

135

Der Schaden bei den … fahrzeugen ist insgesamt vom Beklagten zu ersetzen. Er ist auch zutreffend berechnet und beträgt 98.524,59 DM. Die Vorlage der Aufstellung des Wirtschaftsprüfers ist auch insoweit ausreichend. Substantiierte Einwendungen gegen die Berechnung hat der Beklagte nicht erhoben.

136

Der Zinssatz von 6 % ist berechtigt. Der Zeuge … hat für 1994 sogar einen Zinssatz von 10 % bestätigt. Dass der Zinssatz im Jahre 1993 unter 6 % gelegen haben kann, liegt fern. Im übrigen haben die Parteien den Zinssatz von 6 % auf der Gesellschafterversammlung vom 25.05.1994 auch vereinbart.

137

Somit ergibt sich ein zuzusprechender Gesamtbetrag in Höhe von 292.970,71 DM.

138

Das Landgericht hat 325.677,44 DM zugesprochen, somit 32.706,73 DM zuviel.

139

Aufgrund des gefundenen Ergebnisses kann es dahinstehen, ob der Beklagte seine Pflichten auch dadurch verletzt hat, dass er gegen den … Vertragshändlervertrag verstoßen haben soll.

140

Dahinstehen kann ferner, ob der Beklagte hinsichtlich seiner Pflichtverletzungen bei den Gesellschafterversammlungen ein Schuldanerkenntnis abgegeben hat, welche Rechtsnatur ein solches gehabt hat und welche Einwendungen es hätte abschneiden können.

141

Ob eine Zustimmung der Gesellschafter nach § 6 Ziff. 6 des Gesellschaftsvertrages erforderlich war, kann ebenfalls dahinstehen.

142

Steuerliche Vorteile der Klägerin, die auf den Schaden anzurechnen wären, sind nicht ersichtlich. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Jahre 1994, als der Schaden festgestellt worden war, ohne Abschreibung der Zinsbeträge in die Gewinnzone gelangt wäre und damit eine Steuer hätte zahlen müssen. Ausweislich der Bilanz 1994 beläuft sich der Verlust der Klägerin im Jahr 1994 auf 332.236,12 DM.

143

Der Beklagte hat nur unsubstantiiert vorgetragen, dass mit dem Schaden der Klägerin seine Tantiemenansprüche verrechnet worden seien. Es fehlt jeder Sachvortrag zu Grund und Höhe der Tantiemenansprüche.

144

Der Schaden kann mangels Sachzusammenhangs nicht mit den Gewinnen aus den Vorjahren verrechnet werden.

145

Die Klägerin hat dem Beklagten keine Entlastung erteilt, die die Ansprüche der Klägerin präkludieren könnte. Eine Entlastung ergibt sich nicht aus den vom Beklagten zitierten und von der Klägerin vorgelegten Protokollen der entsprechenden Gesellschafterversammlungen.

146

Zinsanspruch:

147

Die Klägerin kann Zinsen in Höhe von 4 % aus dem berechtigten Schadensbetrag erst ab Klagezustellung verlangen, da sie eine vorherige Mahnung nicht dargelegt hat und einen höheren Zinsschaden nicht nachgewiesen hat. Der Beklagte hat eine Zahlung auch nicht bestimmt und endgültig verweigert, sondern sich vergleichsbereit gezeigt. Der Zinsbeginn ist daher der 27.02.1997, da der Tag der Klagezustellung nicht mitgerechnet wird (Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl. 1998, § 187 RdNr. 1).

148

Soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug ihre Klage dahin erweitert hat, dass die Unechtheit der Urkunden vom 14.08.1992 und 06.05.1999 festgestellt werden soll, ist dieser Antrag nur hilfsweise gestellt worden, für den Fall, dass es auf die Echtheit der Bürgschaft vom 14.08.1992 und des Schreibens vom 06.05.1999 ankäme. Da es darauf nicht ankommt, braucht über den Hilfsantrag nicht entschieden zu werden.

149

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.

150

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung § 239 Abs. 2 BGB analog.

Streitwertbeschluss:

Die Beschwer der Klägerin wird auf 32.706,72 DM festgesetzt. Die Beschwer des Beklagten wird auf 292.970,71 DM festgesetzt.

Die Festsetzung der Beschwer hat ihre Grundlage in §§ 546 Abs. 2 Satz 1, 6 Satz 1 ZPO.